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Daniel Leutenegger, Rathausgasse 18, CH-3011 Bern, www.ch-cultura.ch

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"WAHLFAMILIE - ZUSAMMEN WENIGER ALLEIN"

"WAHLFAMILIE - ZUSAMMEN WENIGER ALLEIN"

25.06.2022 Ausstellung im Fotomuseum Winterthur, bis am 16. Oktober 2022


Bild oben: Anne Morgenstern, aus der Serie "Whatever the Fuck You Want", 2018–2020 © Anne Morgenstern

Richard Billingham, Untitled, 1995, aus der Serie Ray’s a laugh, 1989–1996 © Richard Billingham

Bild: Richard Billingham, Untitled, 1995, aus der Serie "Ray’s a laugh", 1989–1996 © Richard Billingham

Die Ausstellung "Wahlfamilie Zusammen weniger allein" beleuchtet anhand von Werken aus der Sammlung des Fotomuseums Winterthur sowie internationalen Positionen, wie (Wahl-)Familie als soziales und kulturelles Konstrukt fotografisch verhandelt und dargestellt wird. Die künstlerischen Herangehensweisen sind dabei so unterschiedlich wie die jeweiligen Familiengeschichten, die sie ins Bild setzen. Nebst den Arbeiten von FotografInnen und KünstlerInnen präsentiert das Museum auch persönliche Fotoalben und somit Familiengeschichten von Menschen aus Winterthur und der gesamten Schweiz.

Charlie Engman, Mom with Kage, 2013, aus der Serie MOM, 2009– © Charlie Engman

Bild: Charlie Engman, Mom with Kage, 2013, aus der Serie "MOM, 2009–" © Charlie Engman

Die Ausstellung präsentiert Arbeiten von zeitgenössischen FotografInnen, die sich mit ihrer eigenen Familiengeschichte auseinandersetzen, diese durchleuchten und erforschen. So spielt die Aufarbeitung der eigenen Familienhistorie mittels Fotografien aus dem Familienarchiv und fotografischen Zeitdokumenten in der Arbeit von Alba Zari eine Rolle. Anhand von Text- und Bildfragmenten erkundet die Künstlerin, die in eine christlich-fundamentalistische Sekte hineingeboren wurde, die Geschichte ihrer Familie und dabei ihre eigene Identität.

Auch der Fotograf Lindokuhle Sobekwa rekonstruiert mithilfe von Bildern Ereignisse aus der Vergangenheit. Als er erst siebenjährig war, verschwand seine sechs Jahre ältere Schwester spurlos und kehrte erst zehn Jahre später zurück. Mithilfe eines dokumentarischen Fotobuchs versucht sich Sobekwa wortwörtlich ein Bild zu machen von jener prägenden Zeit, von der er so wenig weiss und über die lange Zeit nicht gesprochen wurde.

Richard Billingham wiederum setzt sich mit seiner eignen Geschichte und Biografie auseinander, indem er auf liebevolle und doch schonungslose Art und Weise das Leben und den Alltag seiner Eltern und somit eines von Armut und Sucht geprägten Haushalts dokumentiert.

Diana Markosian arbeitet ihre Familiengeschichte in einem Kurzfilm mittels gecasteter SchauspielerInnen und durchdachter Setfotografien auf. In narrativen Videosequenzen re-inszeniert Markosian ihre eigenen Kindheitserinnerungen als cineastische Bilderwelt. Dabei bestimmt die Migrationserfahrung ihrer Mutter, die nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion ihren Mann verliess und mit ihren Kindern in die USA migrierte, um einen Amerikaner zu heiraten, die Perspektive des Films.

Diana Markosian, The Arrival, 2019, aus der Serie Santa Barbara, 2019–2020 © Diana Markosian und Galerie Les filles du Calvaire

Bild: Diana Markosian, The Arrival, 2019, aus der Serie "Santa Barbara", 2019–2020 © Diana Markosian und Galerie Les filles du Calvaire

Weitere KünstlerInnen setzen sich und ihre Familienmitglieder in teils aufwändig arrangierten Umgebungen in Szene und reflektieren dabei die Rollen der einzelnen Familienmitglieder sowie die Position, die die FotografInnen selber innerhalb familialer Strukturen einnehmen, indem sie diese aufbrechen und neu inszenieren.

Bei dieser Erkundung von Familiendynamiken werden Familienmitglieder zu KooperationspartnerInnen in der Bildfindung: Charlie Engman beispielsweise inszeniert seine "Mom" in Umgebungen, die wenig mit unserer Vorstellung der Alltagsrealität einer Mutter gemein haben: mal posiert sie mit wasserstoffblonder Perücke, blauem Lidschatten und grimmig-forderndem Blick, mal klettert sie in weisser Unterhose eine an einem Baum befestigte Strickleiter hoch. Engmans Arbeiten stellen dabei durchaus mit einem Augenzwinkern das eindimensionale Bild der fürsorglichen Mutter infrage.

Auch Pixy Liao reibt sich spielerisch an klassischen Rollenbildern: Sie porträtiert sich gemeinsam mit ihrem Partner und spielt dabei auf subtile Art und Weise mit stereotypen Vorstellungen von Mann und Frau. Auf den Fotografien legt ihr Partner beispielsweise seinen Kopf an ihre Schulter oder wird von ihr in die Arme genommen.

Pixy Liao, It’s Never Been Easy to Carry You, 2013, aus der Serie Experimental Relationship, 2007– © Pixy Liao

Bild: Pixy Liao, "It’s Never Been Easy to Carry You", 2013, aus der Serie Experimental Relationship, 2007– © Pixy Liao

Der Fotograf Leonard Suryajaya wiederum inszeniert seine Eltern und seine erweiterte Familie mit symbolträchtigen Requisiten in aufwändig hergerichteten, mit Teppichen und Tüchern ausgestatteten Umgebungen. Die teils skurrilen Interaktionen der einzelnen Familienmitglieder kontrastieren dabei unsere Vorstellungen eines konventionellen Familienbildes.

Dass Familie sich über weitaus mehr als (Bluts-)Verwandtschaft definieren lässt und über tief verbundene Konstellationen in Gemeinschaften und Communities gelebt wird, ist Thema weiterer künstlerischer Auseinandersetzungen. An ihnen zeigt sich, wie mithilfe der Fotografie neue "Familienbilder" entstehen, die Alternativen zum bürgerlichen Verständnis der Familie ermöglichen, indem sie Gemeinschaften jenseits traditioneller familialer Konstellationen abbilden und damit unsere Vorstellungen konventioneller Familien in Frage stellen.

So begleitete Dayanita Singh beispielsweise in den 1990er-Jahren Mona Ahmed und ihre Adoptivtochter Ayesha mit ihrer Kamera. Ahmed gehört den Hijras an einer Community, die sich einem binären Geschlechterverständnis verweigert und deren Mitglieder sich jenseits der zweigeschlechtlichen Norm verorten. Die britische Kolonialherrschaft kriminalisierte die jahrtausendealte Gemeinschaft, die bis heute Diskriminierung und Gewalt erlebt. Als Betrachtende von Singhs Arbeit werden wir mit Bildern konfrontiert, die unsere Auffassung traditioneller Familien und Gemeinschaften hinterfragt.

Annelies Štrba, Ån 22, aus der Serie Filmstills aus Dawa-Video, 2001 © Annelies Štrba

Bild: Annelies Štrba, "Ån 22", aus der Serie Filmstills aus Dawa-Video, 2001 © Annelies Štrba

Auch der Fotograf Mark Morrisroe zeigt Zusammenhalt abseits von Verwandtschaft: Er porträtierte seine FreundInnen und LiebhaberInnen seine Gang die für ihn Dreh- und Angelpunkt seines Lebens und Alltags waren. Die tiefe emotionale Verbindung zwischen den ProtagonistInnen wird in den Bildern deutlich; die Fotografien drücken KomplizInnenschaft sowie ein Zusammengehörigkeitsgefühl aus und verkörpern die Idee von Wahlfamilie.

Nebst den Werken internationaler Kunstschaffender zeigt das Fotomuseum Winterthur auch Fotoalben und die dazugehörigen Geschichten von Familien aus Winterthur und der Schweiz. Im Rahmen eines Open Calls bietet das Museum Menschen die Möglichkeit, ihre persönliche Familiengeschichte mit den BesucherInnen zu teilen und ihre Familienbilder in einer der Ausstellungsräumlichkeiten zu zeigen.

Mit Arbeiten von

Aarati Akkapeddi, Richard Billingham, Larry Clark, Charlie Engman, Seiichi Furuya, Nan Goldin, Pixy Liao, Diana Markosian, Anne Morgenstern, Mark Morrisroe, Dayanita Singh, Lindokuhle Sobekwa, Annelies Štrba, Leonard Suryajaya und Alba Zari.

Kuratiert von Nadine Wietlisbach, mit Unterstützung von Katrin Bauer

Begleitend erscheint eine Publikation mit dem Titel "WahlFamilie Zusammen weniger allein" im Christoph Merian Verlag.

js

Kontakt:

https://www.fotomuseum.ch/de/

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Leonard Suryajaya, Virtual Reality, 2017, aus der Serie False Idol, 2016–2020 © Leonard Suryajaya

Bild: Leonard Suryajaya, Virtual Reality, 2017, aus der Serie "False Idol", 20162020 © Leonard Suryajaya

 

 

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