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"Erobertes Gut – Höfische Kunst in Bern" - Eine kulturhistorische Reise durch ganz Europa

"Erobertes Gut – Höfische Kunst in Bern" - Eine kulturhistorische Reise durch ganz Europa

06.05.2012 Das Historische Museum Bern zeigt seine Highlights der spätmittelalterlichen Sammlung in der neuen Dauerausstellung "Erobertes Gut – Höfische Kunst in Bern (1250–1520)". Gleichzeitig startet unter dem Titel "Fragiles Gut – Konservierung höfischer Textilien" ein Projekt, das den BesucherInnen Einblick in die Museumsarbeit hinter den Kulissen gewährt.


Bild oben: Blick auf das für den ungarischen König Andreas III geschaffene Diptychon aus Königsfelden (Venedig, 1280/1290) - © Bernisches Historisches Museum, Bern - Foto: Nadja Frey

Bild unten: Blick auf den Tausendblumenteppich aus dem Besitz Philipps des Guten (Brüssel?, um 1466) - © Bernisches Historisches Museum, Bern - Foto: Nadja Frey

Tausendblumen

Seit dem Ende der Ausstellung «Karl der Kühne» im Sommer 2008 waren die kostbarsten Bestände der spätmittelalterlichen Sammlung des Historischen Museums Bern für das Publikum nicht mehr zugänglich.

In der neuen Dauerausstellung «Erobertes Gut - Höfische Kunst in Bern (1250-1520)» sind nun im Westflügel des ersten Obergeschosses wieder Teile dieser Bestände zu sehen.

Im Ausstellungsteil «Fragiles Gut - Konservierung höfischer Textilien (2012- )» im Ostflügel des ersten Obergeschosses können die Besuchenden die Konservierungsarbeiten an den Cäsartapisserien live mitverfolgen.

In der grosszügigen Halle zwischen den zwei Flügeln wurden die Fenster wieder freigelegt. Die neue Dauerausstellung erschliesst sich dem Besucher folglich über einen zentralen Raum, der den Blick auf die Stadt Bern freigibt.

«Erobertes Gut - Höfische Kunst in Bern (1250-1520)»

Die neue Dauerausstellung präsentiert «erobertes Gut», Werke also, die auf Grund der erfolgreichen Kriegszüge und der territorialen Expansion Berns im Spätmittelalter hierher gelangt sind.

Im 15. Jahrhundert erlebte Bern einen Boom. Die Stadt wuchs, sie leitete den Bau eines grossen Münsters in die Wege. Zuweilen allein, zuweilen zusammen mit eidgenössischen Verbündeten dehnte Bern in dieser Zeit sein Territorium und seinen Einflussbereich aus: 1415 eroberte Bern den Aargau, 1536 die Waadt, 1476 besiegten die Eidgenossen den burgundischen Herzog Karl den Kühnen. Dabei fiel den Eidgenossen mit dem burgundischen Heerlager eine der reichsten Kriegsbeuten der Welt in die Hände. Güter zu erbeuten war im Mittelalter eine von allen Parteien akzeptierte und damit legitime Absicht und Folge kriegerischer Auseinandersetzungen.

Mit der Burgunderbeute und den nach der Reformation nach Bern überführten Schätzen aus dem Kloster Königsfelden und aus der bischöflichen Kathedrale von Lausanne kamen aussergewöhnliche, «fremde» Kunstwerke nach Bern. Mit ihren durchdachten Bildprogrammen, den exklusiven Materialien, ihrer technisch-handwerklichen Raffinesse und ihrer oft ungewöhnlichen Ästhetik unterschieden sie sich von dem, was in Bern damals bekannt war oder selbst hergestellt wurde.

Noch heute gehören die damals «eroberten Güter» zu den international bekannten Spitzenstücken des Historischen Museums Bern, beispielsweise die flämischen Tapisserien des 15. Jahrhunderts oder das in Venedig für den ungarischen König geschaffene Diptychon aus Königsfelden.

Für Luxusgüter entwickelte sich im Spätmittelalter ein weit reichendes Handelsnetz: Prunkrüstungen kamen aus Mailand, Brokatseide aus Florenz oder Lucca, Wirkteppiche aus den flandrischen Städten.

Die Prachtentfaltung der Fürsten erfüllte einen politischen wie einen sozialen Zweck: Den Untertanen gegenüber machte sie deutlich, dass der Fürst die Mittel hatte, seinem Land Sicherheit und Wohlstand zu verschaffen, den konkurrierenden Mächtigen gegenüber demonstrierte sie den eigenen Rang und die Herrschaft.

«Dieser Zurschaustellung von Pracht standen die Berner zwiespältig gegenüber. Manche der eroberten Kunstwerke bewahrten sie sorgfältig vor dem Zerfall, die grosse Mehrheit aber haben sie zerstört oder zerteilt, verkauft, eingeschmolzen und zu Geld gemacht. So zeugen die erhaltenen Werke nicht nur von den Fähigkeiten der damaligen Künstler und den Ansprüchen ihrer Auftraggeber. In ihrer langen Geschichte widerspiegeln sich auch markante gesellschaftliche Werteveränderungen», erläutert Dr. Susan Marti, Kuratorin der Ausstellung.

«Fragiles Gut - Konservierung höfischer Textilien (2012- )»

Die flämischen Tapisserien des 15. Jahrhunderts sind vergleichsweise gut erhalten, denn sie wurden seit ihrer Inbesitznahme durch die Berner bis zur Gründung des Bernischen Historischen Museums im ausgehenden 19. Jahrhundert mehrheitlich im Dunkeln aufbewahrt.

Seit diesem Zeitpunkt aber gelten sie als die eigentlichen Prunkstücke des Museums: Im 1894 im Kirchenfeldquartier eröffneten Museumsgebäude wurde die Höhe des ersten Obergeschosses, einem fürstlichen Schloss entsprechend, nach der Höhe der Tapisserien festgelegt. In den letzten 120 Jahren waren die Tapisserien fast permanent ausgestellt, bis 1985 gar im Tageslicht.

Licht, Staub, Schadstoffe und Bewegung schädigen textile Fasern und machen sie mit dem Alter brüchig.

Hergestellt wurden viele der heute noch erhaltenen mittelalterlichen Textilien als Luxusgüter für temporären, nicht andauernden Gebrauch: Feine Seiden aus dem Vorderen Orient oder Byzanz etwa schmückten Festtagskleider, Bildteppiche wurden für einen besonderen Anlass aufgehängt und danach wieder eingerollt und ins Dunkle gebracht.

Um die ausgestellten, frei hängenden Tapisserien im Museum zu stützen, wurden in den 1950er-Jahren rückseitig Stützbänder angebracht. 1996/1997 wurden diese Bänder beim Tausendblumen- und beim Dreikönigsteppich sowie bei der Trajan-und-Herkinbald-Tapisserie entfernt.

Seither werden diese Bildteppiche in kaum wahrnehmbarer Neigung mit ganzflächiger Auflage präsentiert. Bevor dies auch für die vier Cäsartapisserien realisiert wird, werden diese Bildteppiche untersucht. Dafür wird ein Ausstellungssaal im ersten Obergeschoss temporär zu einer Werkstatt umfunktioniert. Es ist der einzige Raum auf dem Museumsgelände, der gross genug ist, um die Tapisserien flach auszulegen. Hier führen die Textilkonservatorinnen an den Cäsartapisserien, welche die Geschichte des römischen Herrschers erzählen, Dokumentations- und Konservierungsmassnahmen durch. Das Publikum kann dies durch ein Schaufenster mitverfolgen. Der zugehörige Ausstellungsteil erläutert die Hintergründe der Arbeiten und die einzelnen Schritte des geplanten Vorgehens. Zudem beantworten die Textilkonservatorinnen jeweils am Freitag um 14 Uhr Fragen aus dem Publikum.

«Kunstwerke sind ‹Individuen›. Sie haben ihre eigene Biografie, oft auch eine eigene ‹Krankengeschichte›. Ein Schutzkonzept für ein Objekt basiert deshalb auf einer sorgfältigen Prüfung seines gegenwärtigen Zustands. Danach wird geklärt, wie die Ausstellungsbedingungen optimiert werden können, wenn Werke dauerhaft präsentiert werden, die nur für zeitweiligen Gebrauch geschaffen worden waren. Das ist ein zeitaufwändiger, kostspieliger und manchmal konfliktträchtiger Prozess, zu dem viel Expertenwissen gehört. Mit dem öffentlichen Konservierungsprojekt wollen wir zum besseren Verständnis dieses Prozesses beitragen», erklärt Dr. Jakob Messerli, Direktor des Historischen Museums Bern.

mgt

Kontakt

http://www.bhm.ch/de/informationen/kontakt/

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