WELTWEIT SIND IMMER MEHR MEDIENSCHAFFENDE IN HAFT
13.12.2016 Wie jedes Jahr veröffentlicht Reporter ohne Grenzen International (ROG) wiederum die Bilanz zu den Medienschaffenden, die inhaftiert oder verschwunden sind oder festgehalten werden: Rund 350 Medienschaffende sind in Haft, über 50 werden als Geiseln festgehalten und ein Journalist ist verschwunden. Heute erschien der 1. Teil der ROG-Jahresbilanz, der 2. Teil wird am 18. Dezember veröffentlicht.
Grafik: http://www.rsf-ch.ch/files/ROGJahresbilanz_der_Pressefreiheit_2016__Teil_1_.pdf
Die Tendenz ist erschreckend. Aktuell sind weltweit 348 Medienschaffende - also Journalisten, Medienmitarbeitende und Bürgerjournalistinnen - in Haft, eine Steigerung von 6 Prozent im Vergleich mit 2015. Bei den professionellen Journalistinnen und Journalisten beträgt die Steigerung sogar 22 Prozent, da sich in der Türkei nach dem gescheiterten Putsch im Juli die Zahl der Verhaftungen vervierfacht hat.
Kritische Stimmen zum Verstummen bringen
Aktuell sitzen über 100 Journalisten und Medienmitarbeitende in türkischen Gefängnissen ein; ROG hat in 41 dieser Fälle eine direkte Verbindung zwischen Verhaftung und journalistischer Tätigkeit belegen können. Die autoritäre Tendenz von Präsident Erdogan führt zu Massnahmen gegen Medien, die darauf abzielen, kritische Stimmen zum Verstummen zu bringen. Medienschaffende werden der «Beleidigung des Präsidenten der Republik» oder des «Terrorismus» beschuldigt und zu Hunderten vor Gericht gebracht. Die Anzahl der willkürlichen Inhaftierungen nimmt zu.
«Hexenjagd» vor den Toren Europas
Die meisten inhaftierten Medienschaffenden pro Land finden sich in Gefängnissen in China (103), Syrien (28), Ägypten (27) und dem Iran (24), dazu kommt die zunehmende Zahl der Verhafteten in der Türkei. «Die Repression gegen Journalisten nimmt weltweit mit rasender Geschwindigkeit zu», sagt Christophe Deloire, Generalsekretär von ROG International: «Und vor den Toren Europas hat eine veritable Hexenjagd Dutzende von Journalisten ins Gefängnis gebracht und die Türkei zum grössten Gefängnis des Journalismus' gemacht. Innerhalb von einem Jahr hat das Regime von Erdogan den Medienpluralismus vernichtet. Und die Europäische Union bleibt stumm.»
Geiseln in Syrien, im Irak und im Jemen
In Burundi fehlt seit Juli jede Spur von Jean Bigirimana, der für die Zeitung Iwacu und die Website Infos Grands Lacs arbeitet. Es ist unklar, ob ihn der Geheimdienst festhält oder ob er umgebracht wurde. 52 Medienschaffende werden weltweit als Geiseln festgehalten, alle in Konfliktzonen im Nahen Osten: 26 in Syrien, 16 im Jemen und 10 im Irak. Der IS allein hat 21 Journalisten als Geiseln genommen, 15 sind in der Hand von Huthi-Rebellen.
UNO-Sonderbeauftragter gefordert
Angesichts der zunehmenden Risiken, denen Medienschaffende ausgesetzt sind, fordert ROG die UNO erneut auf, einen Sonderbeauftragten für den Schutz von Journalisten einzusetzen, der direkt dem UNO-Generalsekretär unterstellt ist und die Befugnis zu eigenständigen Untersuchungen hat. Denn bisher haben die zahlreichen UNO-Resolutionen zum Schutz von Medienschaffenden und der Kampf gegen die Straflosigkeit für Verbrechen an Medienschaffenden nicht zu zufriedenstellenden Resultaten geführt.
2. Teil
Der zweite Teil der ROG-Jahresbilanz, der über die Anzahl getöteter Journalisten und die gefährlichsten Regionen für den Journalismus Auskunft gibt, wird am Sonntagabend (18. Dezember) veröffentlicht.
bb
Mehr:
http://www.rsf-ch.ch/files/ROGJahresbilanz_der_Pressefreiheit_2016__Teil_1_.pdf
Kontakt: