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"Bloss die öffentliche Neugier bedient"

"Bloss die öffentliche Neugier bedient"

13.03.2012 Zwei Stellungnahmen des Schweizer Presserats: "Blick" verletzt Privatsphäre von FCZ-Fan /// Fotos und Videos des toten Muammar al-Gadaffi


Schweizer Presserat, Stellungnahme 3/2012 (http://presserat.ch/_03_2012_d.htm) Parteien: X. c. «Blick»/«Blick.ch», Thema: Privatsphäre
Menschenwürde,  Beschwerde teilweise gutgeheissen.

Zusammenfassung

«Blick» verletzt Privatsphäre von FCZ-Fan

Mit ihrer Berichterstattung über den Anhänger des FC Zürich, der sich in Rom mit einer Petarde verletzt hatte, haben «Blick» und «Blick.ch» den Betroffenen in unzulässiger Art und Weise an den Pranger gestellt. Der Presserat heisst deshalb die Beschwerde eines Lesers teilweise gut.

Unter dem Titel «Petarden-Trottel» veröffentlichten «Blick» und «Blick.ch» im November 2011 eine Artikel-Serie über den 25jährigen Mann, dem vor dem Euro-League-Spiel FCZ gegen Lazio Rom eine Petarde in der Hand explodierte. Dabei wurden ihm drei Finger abgerissen. Die Berichte waren gespickt mit Einzelheiten aus dem Privat- und Berufsleben des Betroffenen, die dessen Identifizierung ermöglichten und ihn so an den Pranger stellten. Damit bedienten die «Blick»-Redaktionen bloss die öffentliche Neugier, die nicht mit dem öffentlichem Interesse an einer Berichterstattung verwechselt werden darf. Nach Auffassung des Presserates unverhältnismässig war zudem auch die Art und Weise der «Blick»-Recherchen im Umfeld des Betroffenen.

Der Beschwerdeführer kritisierte zudem die Bezeichnung «Petarden-Trottel» als menschenunwürdig. In diesem Punkt weist der Presserat die Beschwerde ab. Die Bezeichnung sei für den Betroffenen zwar hart, sie bewege sich aber innerhalb des weit zu definierenden Rahmens der Kommentarfreiheit.

ots

Schweizer Presserat, Stellungnahme 2/2012 (http://presserat.ch/_02_2012_d.htm) Parteien: X. c. «20 Minuten Online» / Y. c. «20 Minuten», Thema: Respektierung der Totenruhe / Menschenwürde, Beschwerde gegen «20 Minuten Online» teilweise gutgeheissen, Beschwerde gegen «20 Minuten» abgewiesen.

Zusammenfassung

Fotos und Videos des toten Muammar al-Gadaffi

Die Frage, ob die Medien Aufnahmen von der Leiche eines brutal getöteten Diktators verbreiten dürfen, beantwortet der Presserat mit Ja. Aber auch wer die Menschenwürde anderer nie respektiert hat, darf nach seinem Tod nicht in einer Art und Weise dargestellt werden, die seine eigene Menschenwürde verletzt.

Nach der Festnahme des libyschen Machthabers am 20. Oktober 2011 zeigten Online-Newsportale und Printmedien aussergewöhnlich blutige Aufnahmen des schwer verletzten, später des toten Muammar al-Gaddafi, darunter «20 Minuten» und «20 Minuten Online».

Die Print-Ausgabe des Gratisblatts druckte zwei der Fotos relativ kleinformatig, online aber waren immer wieder neue Bilder zu sehen, teilweise stark vergrössert, später auch diverse Videos der Misshandlung Gaddafis.

Zwei Leser beschwerten sich beim Presserat, die Fotos der «brutale(n) Exekution eines zum Todeszeitpunkt wehrlos ausgelieferten Menschen» sei menschenunwürdig - «egal, was man von Gaddafi als Mensch oder als Politiker halten will».

«20 Minuten» und «20 Minuten Online» argumentierten, die Bilder seien historische Dokumente, welche «das definitive Ende des Machtregimes von Gaddafi» festgehalten hätten; es überwiege das öffentliche Interesse an der Publikation gegenüber dem Recht auf Totenruhe.

Der Presserat stellt dazu fest: Ein historisches Ereignis wird nicht dadurch historischer, dass es aus verschiedenen Blickwinkeln gezeigt und durch Zoom-Technik nahe an den Betrachter herangeholt wird. Eine unverhältnismässige, sensationalistische Berichterstattung bedient bloss die öffentliche Neugier des Publikums, die nicht mit öffentlichem Interesse gleichzusetzen ist.

Das Foto- und Video-Angebot über Misshandlung und Tod von Muammar al-Gaddafi auf «20 Minuten Online» verstiess deshalb gegen die Menschenwürde. «20 Minuten» dagegen hat mit seinen visuell deutlich zurückhaltenderen Berichten über den Tod von Gaddafi die «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» nicht verletzt.

ots

Kontakt:

SCHWEIZER PRESSERAT CONSEIL SUISSE DE LA PRESSE CONSIGLIO SVIZZERO DELLA STAMPA

Sekretariat/Secrétariat:

Martin Künzi, Dr. iur., Fürsprecher

Postfach/Case 201

3800 Interlaken

Telefon/Téléphone: 033 823 12 62

Fax: 033 823 11 18

E-Mail: info@presserat.ch

Website: http://www.presserat.ch

 

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