DER BOXER ALS KULTURTÄTER
04.06.2016 Zum Tod von Muhammad Ali: Kleine Zitaten-Sammlung aus deutschsprachigen Medien - Aus kulturellen Blickwinkeln
Bild: Muhammad Ali erhält die Ehrendoktorwürde der Universität Princeton (2007) - Foto: Oliver Krüger - CC-Lizenz: Attribution-Share Alike 3.0 Unported - Zur Datei: https://commons.wikimedia.org
Pedro Lenz folgt Muhammad Ali mit (...) «Tanze wie ne Schmätterling» in die ausgebrannte Spätsommersonne der Kindheit; er beobachtet ihn in jungen Jahren im Boxkeller, bewundert Schönheit und Rebellion in seinen Bewegungen und übernimmt sie als Mann an den Buchstaben: Er tänzelt, er täuscht, geht in Deckung, hängt mit den Worten in den Seilen, sticht im entscheidenden Moment mit einer Pointe.
http://de.swissboxing.ch/index.php?ID=1&Headlines=368
Wahn, Größe und Grimasse
Was ist Größe? Die Popkultur hat dafür eigene Kriterien, seit Teenager beim Anblick der Beatles so zahlreich in Ohnmacht fielen und ein infernalisches Kreisch-Getöse entfesselten, dass eine besondere Macht sich mit ihnen verbunden zu haben schien. Es war die Macht elektronischer Medien. Seither ist kollektiver Wahnsinn gebunden an Einzelne die Formel für Größe im Medienzeitalter. Und natürlich wollten die Beatles im Februar 1964 auf ihrer ersten USA-Tournee, die ihren Weltruhm begründete, vor allem einen treffen: Cassius Clay, wie er damals noch hieß. Man sah darin das Spitzentreffen der Größten ihrer Art. Obwohl weder die Beatles noch Cassius Clay bereits gezeigt hatten, was wirklich in ihnen steckte.
Kai Müller
http://www.tagesspiegel.de/kultur/zum-mythos-muhammad-ali-wahn-groesse-und-grimasse/13688752.html
Der Boxer als Comic-Held
Am Ende geben sich Superman und Muhammad Ali die Hand, und Ali sagt: „Superman, wir sind die Größten!" In dem Comicmeilenstein „Superman vs. Muhammad Ali", traf 1978 der Boxer, der im Alter von 74 Jahren gestorben ist, auf Superman - und gewann.
Gunther Reinhardt
Tänzer, Symbolfigur und Narziss
Mohammad Ali war grazil und schwerelos, stand für schwarzen Stolz und perfekte Selbstinszenierung: Den "ersten Popstar des Boxens" nennt ihn sein Biograf Peter Kemper. Alis schamloser Wortwitz habe sogar die Rapper der 80er-Jahre inspiriert.
Nach dem allgemeingültigen Klischee hatte ein Boxer damals unpolitisch zu sein - er sollte eigentlich nur sein zahlendes Publikum unterhalten und sich nicht politisch, und schon gar nicht als ein religiös Suchender profilieren. Niemand von der Sportpresse hätte Cassius Clay, diesen Kindskopf, wie man ihn damals sah, zugetraut, dass er sich ernsthafte Gedanken um sein Seelenheil und um die afroamerikanische Befreiungsbewegung machte.
Peter Kemper
http://www.srf.ch/kultur/gesellschaft-religion/der-tag-an-dem-cassius-clay-zu-muhammad-ali-wurde
Die Schönheit von Muhammad Ali
"Sein Herz ist groß, seine Seele ist frei." So singt es Tom Russell in dem Song "Muhammad Ali". Ein weißer Country-Sänger verherrlicht einen schwarzen Sportstar. Dass das passiert, dass hier zwei Gesellschaftsschichten zusammentreffen, die in der US-Kultur sonst recht wenig Berührungspunkte haben - der schwarze Boxer und die große weiße Musiktradition - erzählt enorm viel davon, wie Ali alle Grenzen sprengte.
Bernhard Flieher
„Was ist nur los? Wir verlieren all unsere nationalen Schätze. Unsere Grundpfeiler der Menschheit. Er war der Größte!", schrieb Pop-Star Madonna auf Instagram zu einem Bild, das sie mit Ali zeigt. Auch Rapper Diddy postete einen gemeinsamen Schnappschuss. „Dieses Bild bedeutet mir so viel! Er hat mir Liebe entgegengebracht, obwohl er es nicht hätte tun müssen", schrieb er dazu.
Champion bis zum Ende
Rumble in the Jungle, Thrilla in Manila: Muhammad Alis Kämpfe klangen wie Filmtitel. Seine Karriere war mehr als die eines begnadeten Boxers. Er war einer der ersten Superstars in der Welt des Sports. Dazu verhalfen ihm sein enormes Ego, seine markigen Sprüche, aber auch Mut und seine politischen Überzeugungen.
http://www.zeit.de/sport/2016-06/muhammad-ali-tot-fs
"Er war größer als der Präsident der Vereinigten Staaten, war der berühmteste Mensch der Welt", sagte Alis einstiger Gegner George Foreman. Ali hatte ein Charisma, das Millionen Menschen faszinierte.
http://www.spiegel.de/sport/sonst/muhammad-ali-ist-tot-a-1095864.html
Die rechte und die linke Faust Gottes
Boxkämpfe sind absolute Kämpfe. Joyce Carol Oates hat beschrieben, wie Boxer alles in den Kampf einbringen, was sie sind. Ali hat wie keiner vor und nach ihm genau diese Totalität des Boxkampfs in die Totalität seines eigenen Lebens übersetzt. Er hat sich die magischen Superheldenkräfte einfach selbst verliehen.
Martin Andree
http://www.welt.de/kultur/article146991680/Die-rechte-und-die-linke-Faust-Gottes.html
Er war die Welt
Mit seiner unglaublich eleganten Art, sich im Ring wie ein Schmetterling zu bewegen und wie eine Biene zuzuschlagen, bewies Ali, dass menschliche Emanzipation nur denkbar ist, wenn man sie auch körperlich versteht.
Martin Krauss
Der seine Gegner sanft schlug
Muhammad Alis Kämpfe waren noch beeindruckender als sein ganzes Gerede. Denn das Großmaul boxte einfach unfassbar viel schöner als alle anderen. Man war schon beim Zusehen überfordert - und hingerissen.
Jürgen Kaube
http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/zum-tod-von-muhammad-ali-schoener-boxen-14269702.html
FOTOGRAFIEN
Michel Comte, Muhammad Ali
http://www.michelcomte.org/index.php/sports.html#/6/9535,%20Muhammad%20Ali
Muhammad Ali - 25 of the best photographs of the legendary boxer
Ausstellung
In London beleuchtet eine Ausstellung das Leben von Muhammad Ali - die Macher lassen Weggefährten zu Wort kommen.
http://www.sueddeutsche.de/kultur/ausstellung-ueber-muhammad-ali-der-groesste-1.2887340
http://www.aliattheo2.com/theexhibition.php
VIDEO
Muhammad Ali: The Original Moonwalk
https://www.youtube.com/watch?v=3Fr1E1c1akI
AUDIO
"Stand by Me" sung by Muhammad Ali
https://www.youtube.com/watch?v=BtIF0OqRnOE&feature=youtu.be
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Nachträge vom 5.6.2016:
Vom Bilderstürmer zum Kultbild
Die amerikanische Schriftstellerin Joyce Carol Oates hat sich fundiert mit dem Boxsport auseinandergesetzt. Sie beleuchtet das Phänomen Muhammad Ali in einem grösseren soziokulturellen Kontext.
Muhammad Ali, ein Monument von Moderne und Gegenkultur
Er war das Sinnbild schwarzer Renaissance, Poet und Mann der Fäuste, verband Rohheit und Zartheit und war vor allem eines: Repräsentant der Gegenkultur der 60er Jahre. Ali verstehen heißt den Zeitgeist dieser Aufbruch-Jahre verstehen, in denen es möglich schien, alte Zöpfe abzuschneiden und ein Stakkato der Modernisierung in Gang zu setzen.
Robert Misik
http://derstandard.at/2000038262868/Muhammad-Ali-ein-Monument-von-Moderne-und-Gegenkultur