DIE SCHWEIZER KÜNSTLERIN BEATRIX SITTER-LIVER IST GESTORBEN

05.01.2024 Die am 28. August 1938 in Chur geborene Schweizer Künstlerin Beatrix Sitter-Liver (Bild) ist am 29. Dezember 2023 gestorben. Ihr künstlerisches Schaffen reichte von Textilkunst über stark naturbezogene Experimente bis zur Ölmalerei und zu grossräumigen Installationen, stets begleitet von Zeichnung und Originalgrafik. Beatrix Sitter-Liver war mit dem Schweizer Philosophen Beat Sitter-Liver (1939-2022) verheiratet und lebte in Bern. Sie hatte sich seit den 1970er-Jahren auch in der Kulturpolitik und in verschiedenen Vorständen und Kommissionen engagiert. Beatrix Sitter-Liver erhielt seit 1964 regelmässig Auszeichnungen für ihre Arbeit, so etwa das Eidgenössische Stipendium, den Anerkennungspreis des Kantons Graubünden und verschiedene Atelierstipendien.

Bild oben: Beatrix Sitter-Liver - Foto: © https://beatrix.sitter-liver.ch/index.php/biografie-und-einzelausstellungen/

Bild: © Beatrix Sitter-Liver, Atelier, https://beatrix.sitter-liver.ch/index.php/bilder/

Die Kunst von Beatrix Sitter-Liver entwickelt sich im Kontext von Kunstvorstellungen der 1980er-Jahre: Abkehr vom abstrakten, rein objektiven Kunstverständnis, vom hermetischen in sich geschlossenen Werk, von der Vorgabe des kunstwürdigen Materials und Stildenkens und Hinwendung zur Innerlichkeit, zur Reflexion über sich selbst, über das Künstlersubjekt in seinem täglichen Tun.

Während sie sich in den späten 1960er- und den 1970er-Jahren vorwiegend der Textilkunst widmet und damit internationale Erfolge hat, distanziert sie sich während der 1980er-Jahre allmählich davon und schafft ein beachtetes eigenständiges Werk als bildende Künstlerin. Auf schwere, skulpturale Textilobjekte folgen leichte Gewebe aus Textilfasern, Pflanzenteilen und Federn sowie Papierarbeiten und Bücher mit eingewobenen Naturmaterialien.

Die einzelnen Kompositionselemente ihrer Arbeit scheinen sich, wie in der Installation Memento mori von 1982 (Galerie in Lenzburg, Ausstellung Kunst – Natur), vom textilen Bildträger zu lösen und zu verselbständigen; das Textilgewebe wird nur noch als Ready-made benutzt (Flerdner Heutücher, 1981–89) oder als Strukturprinzip beibehalten und in andere Medien transformiert. Räumliche Arbeiten bilden oft den Ausgangspunkt für eine ganze Serie von grafischen Blättern oder sind umgekehrt Bestandteil eines konzeptuellen bildnerischen Gesamtwerks.

In den 1990er-Jahren werden Strukturen zum eigentlichen Leitmotiv ihrer Kunst, die Öl-, Aquarell- und Tuschmalerei neben der Druckgrafik zum bevorzugten Medium. Die gemalten Texturen haben eine starke Affinität zur Natur: Sternennebel, Wasserwirbel, abstrahierte Makro- und Mikrodarstellungen von Naturphänomenen. Vornehmlich sind es flächendeckende Texturen, die sie in einer Art Aktionsmalerei mit Hilfe von Pflanzen, welche als Pinsel dienen, erzeugt.

Walther Fuchs: "Beatrix Sitter-Liver". In: SIKART Lexikon zur Kunst in der Schweiz, 2009 (erstmals publiziert 1998).

https://recherche.sik-isea.ch/sik:person-4004006/in/sikart

Bild: Portrait von Beatrix Sitter-Liver - Foto: Peter Friedli © SIK-ISEA Zürich, https://recherche.sik-isea.ch/de/sik:document-13872331/in/sikisea/document/tiles?ui.featured=cms:news_02aa00a3-dd6f-44c1-b58f-4ef619fcac6f

Schon zu Kinderzeiten fiel Beatrix Liver durch ihre Hingabe beim Zeichnen auf, und der Ruf bildnerischer Begabung begleitete sie fortan durch die ganze Schulzeit. Nach einem AFS-Austauschjahr in New York, wo sie bei freier Fächerwahl ein Drittel aller Lektionen mit "Visual Arts" belegte, war die Berufswahl klar: Bildende Kunst, nur das! Die Ausbildung (nach eigenem Programm) umfasste Zeichnung, Malerei, Druckgrafik an der Berner Schule für Gestaltung, Kunstgeschichte und Philosophie an der Uni, Praktika in einem erstklassigen Grafikatelier und in einem Trickfilmstudio.

Das in fast 60 dichten Arbeitsjahren herangewachsene Werk von Beatrix Sitter-Liver zeichnet sich aus durch grosse Vielfalt der Themen, der Vorgehensweisen und Techniken. Es reicht von Ölmalerei und Aquarell über Textilkunst bis zu stark naturbezogenen Experimenten und grossräumigen Installationen am Bau und in freier Natur, stets begleitet von Zeichnung und Originalgrafik.

Die Themen "Fleurs intérieures", "Sternspiele", "Fliessblätter", "Idiome", "Mineralpapiere"… geben sich wohl nicht auf Anhieb als ein Ganzes zu erkennen, basieren aber alle auf einer übergreifenden Lebenshaltung: dem Bewusstsein von der Einheit von Mensch/Natur/Kosmos und dem unbedingten Willen, darin die eigene Ganzheit anzustreben – Kunst also als Lebensform und als Welterfahrung in grösstmöglicher Freiheit.

https://www.art-nachlassstiftung.ch/index.php/2018/09/18/beatrix-sitter-liver/

Bild: © Beatrix Sitter-Liver, Maisopfer, 1978, Gewebe aus Leinen, Maisblatt, Maisblüten, 106 x 90 cm, https://beatrix.sitter-liver.ch/index.php/bilder/textiles/

Mehr:

https://www.hommages.ch/de/traueranzeige/beatrix-sitter-liver

https://beatrix.sitter-liver.ch/index.php/biografie-und-einzelausstellungen/

https://www.tillschaapedition.ch/beatrix-sitter-liver-werke-von-1958-bis-2014.html

https://recherche.sik-isea.ch/de/sik:person-4004006:exp/in/sikart/actor/list

https://www.art-nachlassstiftung.ch/index.php/2018/09/18/beatrix-sitter-liver/

https://www.art-nachlassstiftung.ch/wordpress/wp-content/uploads/CV_Beatrix-Sitter-Liver.pdf

https://www.kunstbulletin.ch/de/users/beatrix-sitter-liver

https://www.kunstgesellschaft.ch/de/home/anlaesse-und-reisen/vergangene/25-03-2017-atelierbesuch-beatrix-sitter-liver-232.html

https://kunstmuseum.gr.ch/it/Sammlung/Highlights/Seiten/2017_01_Beatrix_Sitter-Liver_IT.aspx

https://sammlung-online.aargauerkunsthaus.ch/eMP/eMuseumPlus?service=ExternalInterface&module=collection&objectId=204330&viewType=detailView

https://www.buhrfeind.ch/evabuhrfeind_2018/index.php?id=16&tx_news_pi1%5Bnews%5D=1164&tx_news_pi1%5Bcontroller%5D=News&tx_news_pi1%5Baction%5D=detail&cHash=78c7b0f95a10a58bde57e54e617ad1c1