ZUM TOD DER ÖSTERREICHISCHEN SCHAUSPIELERIN CHRISTIANE HÖRBIGER
30.11.2022 Die am 13. Oktober 1938 in Wien geborene österreichische Schauspielerin Christiane Hörbiger (Bild) ist am 30. November 2022 ebenda gestorben. Ihre Schauspielkarriere in Theater, Film und Fernsehen begann 1955 und umfasst über 130 Film- und Fernsehproduktionen. Sie wurde vor allem bekannt als "Christl Müller" in der ARD-Fernsehserie "Donaugeschichten", als Gräfin von Guldenburg in der ZDF-Fernsehserie "Das Erbe der Guldenburgs" und als Wiener Juristin Dr. Julia Laubach in der ARD-Fernsehserie "Julia – Eine ungewöhnliche Frau". Christiane Hörbiger stammte aus einer legendären Theaterfamilie: Sie war eine der drei Töchter des Schauspielerehepaars Attila Hörbiger (1896–1987) und Paula Wessely (1907–2000) sowie eine Nichte des Schauspielers Paul Hörbiger (1894–1981). Ihre Schwestern sind Elisabeth Orth und Maresa Hörbiger. Cornelius Obonya ist ihr Neffe. Christian Tramitz ist ihr Neffe 2. Grades, Mavie Hörbiger ihre Nichte 2. Grades. (*) Während 25 Jahren war Christiane Hörbiger auch am Schauspielhaus Zürich zu erleben. Erste Reaktionen in den Medien:
Bild: Christiane Hörbiger, 2009 - Foto: Manfred Werner (Tsui), https://commons.wikimedia.org/wiki/User:Tsui (Ausschnitt) - Lizenz: https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/deed.en - Datei: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Christiane_H%C3%B6rbiger,_ROMY_2009_a.jpg
"Von vielen Menschen bewundert"
Christiane Hörbiger erhielt zahlreiche Preise, u. a. den Bayerischen Fernsehpreis für ihr Lebenswerk, den Adolf-Grimme-Preis, den Karl-Valentin-Orden und den Ernst-Lubitsch-Preis sowie den Deutschen Fernsehpreis in der Kategorie "Beste Schauspielerin Serie" für ihre Rolle der "Julia". 2004 wurde sie zur Kammerschauspielerin ernannt, 2009 folgte die Wiener Ehrenmedaille in Gold sowie im selben Jahr die Platin-"Romy" für ihr Lebenswerk.
"Mit ihr verliert unser Land eine seiner beliebtesten und vielseitigsten Schauspielerinnen", kondolierte (…) Bundespräsident Alexander Van der Bellen: "Die einprägsame Art, mit der sie ihre Rollen anlegte, wird Theater- und Filmbegeisterten stets in guter Erinnerung bleiben." Auch Kulturminister Werner Kogler (Grüne) zeigte sich via Twitter betroffen: "Mit Christiane Hörbiger ist eine wunderbare, große Schauspielerin gegangen. Sie hat auf der Bühne ebenso begeistert wie auf der Leinwand und wurde dafür von vielen Menschen bewundert und geliebt."
Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) machte ebenfalls via Twitter deutlich: "Sie wird uns als eine der prägendsten österreichischen Schauspielerinnen in Erinnerung bleiben. […] Christiane Hörbiger zählt zu den großartigsten Künstlerinnen in unserem Land." Auch Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer (Grüne) kondolierte: "Sie war eine solch beständige, eindrucksvolle Erscheinung und in so hohem Maße präsent, dass die Nachricht über ihren Tod fast unwirklich erscheint."
https://wien.orf.at/stories/3184446/
Die Schauspielerin war Angehörige einer der bedeutendsten Künstlerdynastien von Österreich
Ein erster Eindruck von Christiane Hörbiger, damals, lange her, im Fernsehen die "Donaugeschichten": Schön, etwas unnahbar, prickelnd kühl, welch eine Ausstrahlung. Die Traumfrau des Buben, der damals noch nicht viele Fernsehtraumfrauen gesehen hatte.
Später: Die Hörbiger in "Schtonk" – glänzend kokettierend als verblühende Schönheit mit nasalem Adelstonfall: Freya Freifrau von Hepp, Nichte von Hermann Göring, alles Alt- und Neu- und Nicht-totzukriegen-Nazistische achselzuckend hinnehmend.
Dann, jetzt wieder für das Fernsehen, "Der Besuch der alten Dame": die Hörbiger als Claire Zachanassian. Schauer jagt sie dem Zuschauer über den Rücken, diese alte, böse Frau, für die jeder Abgrund ein Achselzucken ist. Durch sie, durch sie allein gelingt ein einziges Mal die Verfilmung von Friedrich Dürrenmatts Meisterdrama.
https://www.wienerzeitung.at/nachrichten/kultur/buehne/2170125-Christiane-Hoerbiger-verstorben.html
Vom Wunsch, den Beruf der Schauspielerin zu ergreifen, schienen die Eltern offenbar wenig begeistert. Christiane sollte Zuckerbäckerin werden. Die zu diesem Vorhaben eigens gekaufte Konditorei ging aber in Konkurs, weshalb nach absolvierter Handelsschule dem gefassten Plan nichts mehr im Wege stand.
Doris Priesching
Sie war die Grande Dame am kleinen Schirm
Die Schauspielerei lag ihr im Blut. Sie brauchte auch kein Reinhardt-Seminar, zog nach wenigen Wochen dort private Unterweisungen durch die große Alma Seidler vor, die sich des Hörbiger-Kindes annahm. Mehr wienerisches Burgtheater-Kapital hat wahrscheinlich keine Schauspielerin je auf den Weg mitbekommen.
Wilhelm Sinkovicz
Sie war und blieb resolut vielseitig
In der deutschsprachigen Fernsehunterhaltung verkörperte sie den Prototyp der starken Frau, die beherrschte Heldin in allen Widrigkeiten des Schicksals, die kühle Patrizierin mit dem straffen Haarturm – und wurde damit zu einem der größten Publikumslieblinge, die dieses Land hervorgebracht hat.
Ute Baumhackl
Von sahnesüß bis gefährlich
Die Schauspielerin Christiane Hörbiger, Sproß einer großen österreichischen Theaterdynastie und Grande Dame mit Charme und Schmäh, ist im Alter von 84 Jahren gestorben.
Christine Dössel
Mit einem Schuss Bitterkeit
Christiane Hörbiger nutzte ihre Popularität immer wieder für öffentlichkeitswirksames ehrenamtliches Engagement. So gehörte sie etwa 2003 zu den Gründungsmitgliedern der Deutschen Filmakademie e.V. (DFA), setzte sich für Menschenrechte und gegen Rassismus ein, war ebenfalls seit 2003 Österreichs UNICEF-Botschafterin und warb, etwa 2010, für die Unterstützung der Deutschen Krebshilfe.
Martin Lhotzky
Ein Hauch von Grandezza
Ein Hauch von damenhafter Grandezza ging in vielen Rollen von ihr aus, egal ob die dahinter liegende Geschichte von Noblesse, Intrige oder Abstieg handelte. Durch die vornehme Erscheinung Christiane Hörbigers erhielten viele Filme ein künstlerisches Niveau, das sie dramaturgisch nicht immer hatten. Unvergessen ist ihre Rolle als Patriarchin in der ZDF-Serie "Das Erbe der Guldenburgs", die in 40 Folgen den Versuch unternahm, der Welt des Adels per trivialer Fernseherzählung ein modernes Gesicht zu verleihen. Christiane Hörbiger gelang es dabei mühelos, die Abgründe einer Adelsfamilie mit dem Hauch einer Sisi-Ästhetik zu verbinden.
Harry Nutt
Eine "Grande Dame" aus altem Schauspieleradel
Dass Christiane Hörbiger ihre Karriere nach eigenem Willen zu gestalten wusste, zeigte sich zuerst am Theater. Eine Schauspielerin aus dieser Dynastie gehört auf die Bühne des Wiener Burgtheaters. Zu ihrer Premiere spielte sie die Recha in Lessings "Nathan der Weise" - die Kritiken fielen allerdings vernichtend aus.
Also zog die Schauspielerin in die Ferne, um fern der Eltern an verschiedenen Theatern wie etwa in Heidelberg und Zürich erarbeitete sie sich Stand und Statur, aus der Novizin wurde eine ernstzunehmende Bühnenkünstlerin. Quasi als Probe aufs Exempel kehrte sie als Recha ins Burgtheater zurück und wurde für ihre Darstellung gefeiert.
Joachim Huber
Sie war gern a bisserl niederträchtig
Der Schatten der Schauspieldynastie, aus der sie stammte, war groß. Spätestens in Fernsehserien wie "Das Erbe der Guldenburgs" und Filmen wie "Schtonk!" hatte sie sich davon befreit und die Rollen ihres Lebens gefunden.
Manuel Brug
Gräfin, Glückspenderin, große Komödiantin
Die hohe Kunst der Heiterkeit: Christiane Hörbiger brachte bei den "Guldenburgs" Glanz ins TV-Grau – und für "Schtonk!" Sachertorten-Sarkasmus nach Hamburg.
Christian Buss
Sie glänzte im Kino, auf der Bühne und im Fernsehen
Sie entstammte einer Wiener Schauspieldynastie. Dass Christiane Hörbigers Name so nobel wirkte, verdankte sie ihrem persönlichen Talent.
Jürg Zbinden
https://www.nzz.ch/feuilleton/nachruf-christiane-hoerbiger-ld.1714849?reduced=true
Tod der Eltern prägte sie
Der Tod war in den letzten Lebensjahren ein ständiger Begleiter der Schauspielerin. Sie habe sich bereits an den Gedanken gewöhnt, sagte sie in Interviews. Angst davor habe sie nicht. "Ich bin demütig und dankbar dafür, dass es mir so gut geht", sagte Hörbiger anlässlich ihres 75. Geburtstags.
(SDA/chs/grb)
Die Rolle der Grossmutter
Hörbiger hatte nach eigenen Worten wenig Probleme mit dem Älterwerden. "Es gibt im Fernsehen schon wunderbare Rollen für ältere Frauen, man muss nur bereit sein, sich von der Rolle der Liebhaberin zu verabschieden und die der Grossmutter zu übernehmen", sagte Hörbiger einst bei einer Filmpräsentation.
Die ZuseherInnen wusste sie beim Rollenwandel auf ihrer Seite: "Das Fernsehpublikum ist mit mir gealtert und findet es recht sympathisch, wenn einem der gleiche Jahrgang entgegenlacht", sagte sie der österreichischen Zeitung "Kurier".
sda/huta
Videos:
Goldene Kamera für Christiane Hörbiger
https://www.youtube.com/watch?v=CmeLe1RAs7g
Schtonk - Onkel im Widerstand
https://www.youtube.com/watch?v=icsB6fKUrnI
Christiane Hörbiger über den Tod: In Würde sterben
https://www.youtube.com/watch?v=NzpV6rRbz0c
Play SRF, "Aeschbacher" vom 25.09.2008:
Mehr:
https://www.imdb.com/name/nm0405974/
https://www.crew-united.com/de/profilansichten/?IDM=8134
https://portal.dnb.de/opac.htm?method=simpleSearch&query=119133393
http://tls.theaterwissenschaft.ch/wiki/Christiane_H%C3%B6rbiger
https://www.munzinger.de/search/go/document.jsp?id=00000012957
(*) https://de.wikipedia.org/wiki/Christiane_H%C3%B6rbiger
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