Erste Verleihung des Schweizer Literaturpreises: Er geht an Erica Pedretti, Fabio Pusterla, Jean-Marc Lovay und das Übersetzungsfestival Babel
04.04.2013 Das Bundesamt für Kultur verleiht am 09. Mai 2013 im Rahmen der Solothurner Literaturtage erstmals den Schweizer Literaturpreis. Auf Empfehlung der Eidgenössischen Jury für Literatur werden mit Erica Pedretti (Bild), Fabio Pusterla und Jean-Marc Lovay drei Literaturschaffende für ihr Gesamtwerk ausgezeichnet. Das Übersetzungsfestival Babel wird für seine Arbeit im Bereich der Übersetzung und der Literaturvermittlung mit zwei Auszeichnungen gewürdigt.
Fotos: © Sébastien Agnetti
Die ausschlaggebenden Kriterien für
diese Auswahl begründete die von Dominik
Müller präsidierte Eidgenössische Jury für Literatur einerseits in der
Bedeutung und der Kontinuität des Werkes der drei Literaturschaffenden, sowie
in der literarischen Resonanz dieses Gesamtschaffens über die vier
Landessprachen und die schweizerischen Landesgrenzen hinaus. Das
Übersetzungsfestival machte sich in den Augen der Jury besonders durch seine
multidisziplinäre Kompetenz und sein unermüdliches Engagement im
interkulturellen Diskurs verdient.
Die Ausgezeichneten erhalten eine Preissumme von je 40'000 Franken. Das Festival Babel wird aufgrund seiner herausragenden Arbeit mit je einer Auszeichnung im Bereich der Übersetzung und der Vermittlung geehrt.
Fabio Pusterla
Fabio Pusterla wurde 1957 in Mendrisio geboren. Seit dem Abschluss seines
Studiums in Literatur an der Universität Pavia lebt er zwischen Albogiso
(Italien) und Lugano, wo er italienische Literatur unterrichtet. Er arbeitet
als Dichter, Übersetzer und Essayist und hat zahlreiche Gedichtbände sowie
Essais über literarische und sprachwissenschaftliche Fragen geschrieben. Ferner
hat er Werke von Corinna Bille und Philippe Jaccottet aus dem Französischen
übersetzt. Er ist Mitbegründer der literarischen Zeitschrift Idra.
Barbara Villiger Heilig, Mitglied der Eidgenössischen Jury für Literatur: "Pusterlas Poetik ist jegliches Auftrumpfen fern. Sie formuliert sich tastend,
sucht, oft vergeblich, nach Verbindlichkeiten - und gibt dennoch nie auf. Das
ist es, woraus diese Poetik - und die Dichtung, in der sie sich realisiert -
ihre Kraft bezieht, allen Widrigkeiten zum Trotz: Aus der Schwäche heraus wird
sie stark."
Erica Pedretti
Erica Pedretti wurde 1930 in Sternberg (Tschechische Republik) geboren und
arbeitet als Autorin, Malerin und Bildhauerin. Sie kam im Jahr 1945 in die
Schweiz. An der Berufsfachschule in Zürich lernte sie Silberschmiedin und übte
diesen Beruf von 1950 bis 1952 in New York aus. Nach ihrer Rückkehr heiratete
sie den Künstler Gian Pedretti, mit dem sie zunächst im Engadin wohnte. Seit
1974 leben sie in La Neuveville. Erica Pedretti war anfänglich vor allem im
Bereich der visuellen Künste aktiv, bevor sie im Jahr 1970 ihre
Schriftstellerkarriere begann.
Daniel Rothenbühler, Mitglied der Eidgenössischen Jury für Literatur: "Erica Pedretti hat ihr Schreiben durchweg einer ebenso existentiellen wie ästhetischen Notwendigkeit verpflichtet und so Meisterwerke geschaffen, die weit über die Schweiz und den deutschen Sprachraum hinaus Bedeutung beanspruchen können."
Jean-Marc Lovay
Jean-Marc Lovay wurde 1948 in Sitten geboren und verliess die Schule mit 16
Jahren. Er bereiste Asien, den nahen Osten, Australien, Schottland, und
verbrachte lange Zeit in Madagaskar. Dort lebte er in abgelegenen Bergdörfern,
fernab der Zivilisation. Es folgte die Publikation seiner ersten drei Romane
bei Gallimard. Jean-Marc Lovay sagt von sich selbst, dass er seit jeher an
einem einzigen grossen Buch schreibt. Alle zwei bis drei Jahre löst sich ein
Fragment aus diesem Werk - ein Roman, eine Erzählung, kurze Texte.
Marion Graf, Mitglied der Eidgenössischen Jury für Literatur: "Mit jedem Text zeichnet er mit seiner sprachlichen Virtuosität eine einzigartige Wahrnehmung, jede Publikation beleuchtet ein Bruchstück davon. Nicht das Individuum, nicht das menschliche Wesen und seine Logik dominieren die von Lovay erforschte Welt. Eine Glocke oder ein Anhänger, die Traurigkeit oder eine Wolke erscheinen lebendiger, sterblicher, sensibler, aktiver und ausdrucksvoller als die Protagonisten, die sie umgeben. Der Schriftsteller leiht ihnen sein Ohr und nimmt ihre Botschaften mit einer selbstverständlichen und respektvollen Aufmerksamkeit auf."
Fotos: © Sébastien Agnetti
Festival Babel
Babel ist ein Literaturfestival, in dessen Zentrum die literarische
Übersetzung steht. Am Festival Babel werden Begegnungen mit Schriftstellerinnen
und Schriftstellern organisiert, die einen engen Bezug zu mehreren Sprachen
oder Kulturen haben und mit den Übersetzerinnen und Übersetzern ihrer Werke
diskutieren. Die literarische Übersetzung dient aber auch als Metapher für die
sprachliche Gastfreundschaft, die Überschreitung von Grenzen und verschiedenste
Begegnungen. Jedes Jahr ist bei Babel eine Sprache zu Gast, die durch
Autorinnen und Autoren, Kunst- und Musikschaffende sowie Übersetzerinnen und
Übersetzer präsentiert wird.
Pietro de Marchi, Mitglied der Eidgenössischen Jury für Literatur: "Die
Auszeichnung des Bundes für die literarische Übersetzung und Vermittlung wird
dieses Jahr dem Literatur- und Übersetzungsfestival Babel aus Bellinzona
verliehen, für seinen aussergewöhlichen Beitrag an diese höhere Form der
Gastfreundschaft, die aus der literarischen Übersetzung und dem Austausch
zwischen Sprachen und Kulturen aus benachbarten wie fernen Regionen und Ländern
entsteht."
Preisverleihung
Donnerstag, 9. Mai 2013, Konzertsaal, Solothurn, 19 Uhr.
Akkreditierungen bis 30. April 2013 an sarah.schwerzmann@bak.admin.ch.
bak
Kontakt:
Dominik Müller, Präsident
Eidgenössische Jury für Literatur, T 079 220 65 78
Christine Chenaux, Literaturförderung, Sektion Kulturschaffen, Bundesamt für
Kultur,
christine.chenaux@bak.admin.ch, +41 (0)31 322 92 65