DER ÖSTERREICHISCHE SCHRIFTSTELLER GERHARD ROTH IST GESTORBEN
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08.02.2022 Der am 24. Juni 1942 in Graz geborene österreichische Schriftsteller, Dramatiker, Essayist und Fotograf Gerhard Roth (Bild) ist am 8. Februar 2022 ebenda gestorben. Gerhard Roth meldete sich immer wieder kritisch zur österreichischen Vergangenheit und politischen Gegenwart zu Wort. Ab 1978 arbeitete er an dem siebenbändigen Zyklus "Die Archive des Schweigens", der in der Südsteiermark und in Wien angesiedelt ist und den er 1991 abschloss. Ab 1993 arbeitete er am Zyklus "Orkus", der 2011 abgeschlossen wurde.* Der vielfach Geehrte erhielt u.a. den Literaturpreis der Stadt Wien (1992), den Bruno-Kreisky-Preis für das politische Buch (Sonderpreis für sein publizistisches Gesamtwerk, 2002) und im Jahr 2016 den Grossen Österreichischen Staatspreis, die höchste Auszeichnung, die von der Republik Österreich einmal jährlich einem Kulturschaffenden für hervorragende Leistungen verliehen wird.
Foto: Philipp Horak, 2012 - Lizenz: https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/deed.en - Datei: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Gerhard_Roth.jpg
Er hinterlässt ein Monumentalwerk
"Keine Kompromisse eingehen", sich nicht dem vermeintlichen, antizipierten Geschmack des Publikums anbiedern – diesen Rat hatte Roth für schreibenden Nachwuchs parat. Bei ihm selbst hieß das: Zeitgenossenschaft leben, diese von historischer, geistesgeschichtlicher Detailkenntnis durchdringen lassen, übergroß scheinende Vorhaben nicht als Größenwahn abtun – und dann trotzdem mit einer unglaublichen Lust am Geschichtenerzählen auf den Boden bringen.
Simon Hadler, ORF.at
https://orf.at/stories/3244522/
Der gebürtige Grazer schuf ein ebenso vielschichtiges wie monumentales Romanwerk über die Wahrnehmung verschwiegener Wahrheiten
Roths Literatur speiste sich aus den morbiden Quellen der Wiener Repräsentationskultur. Ihren verstörenden Gehalt bezog sie aber aus dem rauen Klima der Steiermark. In ihr manifestierte sich der unerschütterliche Glaube an die Macht des Wortes. Poesie enthüllt ihren aufklärerischen Charakter, indem sie sich als Gegen-Geschichte den Zeugnissen der veröffentlichten und kodifizierten Meinung an die Seite stellt. Der kolossale Berg an Romanen, den Gerhard Roth hinterlässt, wird die österreichische Historie einmal getreulicher abbilden als ein ganzes Archiv von politisch gut gemeinter Literatur.
Ronald Pohl
https://www.derstandard.de/story/2000133220499/schriftsteller-gerhard-roth-verstorben
Klare politische Haltung
Roth war für sein schriftstellerisches Werk wie auch für seine in Reportagen, Essays und Interviews eingenommene klare politische Haltung vielfach ausgezeichnet worden. "Gerhard Roth hat eine Art von Herzensbildung, die gar nicht anders kann, als Anteil zu nehmen an der körperlichen und geistigen Not anderer", sagte Laudator Andre Heller 2003 bei der Verleihung des "Goldenen Ehrenzeichen für Verdienste um das Land Wien" an Roth, der ein "Eichmeister der österreichischen Wirklichkeit" sei.
apa
https://kurier.at/kultur/oesterreichs-literaturgigant-gerhard-roth-ist-tot/401899517
Erinnerungen an einen Weltenbeobachter, den zeitlebens das Rätselhafte faszinierte
"Wenn ich nicht schreibe, löse ich mich in einzelne Atome auf", hat Gerhard Roth einmal gesagt. Und obwohl ihn seine Erkrankung zuletzt immer mehr belastete, blieb er mit manischer Akribie in den Labyrinthen seiner Wortwelten versunken, ordnete Fotos und Skizzen; sobald ein Buch fertig war, braute sich das nächste in ihm zusammen.
Bernd Melichar
"In die Sprache hineinfallen"
Er war einer der bekanntesten österreichischen Autoren, hatte sich auf Großwerke spezialisiert und nannte seinen Hauptantrieb die "Dauerflucht vor der Wirklichkeit": 32 Jahre lang schrieb Gerhard Roth an den vielteiligen Romanzyklen "Die Archive des Schweigens" und "Orkus", einer Mentalitätsgeschichte seines Heimatlandes nach dem Krieg, in dem es auch immer wieder um das Verdrängen der Nazi-Zeit ging. Dabei brachte er, der auch als "Archäologe" und "Volkskundler" Österreichs bezeichnet wurde und jeden politischen Extremismus ablehnte, speziell die politische Rechte gegen sich auf.
Peter Jungblut
Van der Bellen würdigt Roth
Österreichs Bundespräsident Alexander Van der Bellen würdigte den gestorbenen Schriftsteller als "mutige und kluge Stimme". "Klar und konsequent setzte er sich mit österreichischer Geschichte, mit den hellen, oft auch dunklen Seiten unseres Landes auseinander."
dpa
Videos:
Schriftsteller Gerhard Roth gestorben
KulturWerk-Sendungsreihe: Gerhard Roth
https://www.youtube.com/watch?v=hCpdXNqfLwI
Wien Museum: Ausstellung von Schriftsteller Gerhard Roth 2010
https://www.wien.gv.at/video/113710/Wien-Museum-Ausstellung-von-Schriftsteller-Gerhard-Roth-2010
Köpfe des Jahres 2020- Interview mit Gerhard Roth
Mehr:
https://www.onb.ac.at/bibliothek/sammlungen/literatur/bestaende/personen/roth-gerhard-geb-1942/
https://portal.dnb.de/opac.htm?method=simpleSearch&query=118841750
https://www.worldcat.org/identities/lccn-n79110934/
https://www.imdb.com/name/nm0744854/
* https://de.wikipedia.org/wiki/Gerhard_Roth_(Autor)
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