Hörspiel "Schatten" von Lars Norén
16.11.2013 Radio SRF 2 Kultur, heute Samstag, 21 Uhr
Foto: Michiel Hendryckx - CC-Lizenz: Attribution 3.0 Unported - Zur Originaldatei: http://en.wikipedia.org/
Lars Norén (Bild) gilt als der produktivste, erfolgreichste und provokanteste Dramatiker Schwedens seit Strindberg. Seit 40 Jahren konfrontiert er den gesellschaftlichen Mittelstand mit seinen Lügen und Neurosen. Nun hat Norén ein neues Hörspiel geschrieben. Es erzählt, wie zwei Männer an Krebs sterben.
Der eine ist Anfang sechzig, der andere gerade mal Anfang dreissig. Beide treffen sie im Zimmer eines Krankenhauses aufeinander. Sie haben Krebs im Endstadium. Was bleibt, was kann noch gesagt werden, was ist noch zu tun?
Die Krankheit lässt ihnen kaum eine Wahl, aber die Männer versuchen es herauszufinden. Im Gespräch, mit sich und dem anderen. Mit ihren Partnerinnen, die zu Besuch kommen.
Mit ihren Kindern, die ebenfalls im Raum sind, auch wenn sie eigentlich tot sind, abwesend oder ungeboren. Die Ebenen verschieben sich, die Gewissheiten lösen sich auf wie die ablaufende Zeit.
Oder
wie es der Onkologe und Medizinhistoriker Siddharrtha Mukherjee in seiner im
letzten Jahr erschienenen, epochalen Krebs-Biografie «Der König aller
Krankheiten» ausdrückt: «Krebs leugnet die Möglichkeit eines Lebens ausserhalb
und nach ihm; er subsumiert alles Leben. Der Alltag eines Patienten wird so
ausschliesslich von der Krankheit bestimmt, dass die Welt in den Hintergrund
tritt.»
Norén erzählt diesen Alltag in einem auf das Wesentlichste reduzierten Kammerspiel. Dazu benutzt er eine Dialogsprache, die er in seinen letzten Stücken perfektioniert hat: nackt und scheinbar trivial und doch voller Überlagerungen.
Damit
schafft er einen akustischen Reflexionsraum für eine Auseinandersetzung, die
dringend geführt werden muss. Denn Krebs ist eine Realität. Oder wie es
Mukherjee auf den Punkt bringt: «Nachdem sich der Anteil derer, die von Krebs
betroffen sind, in manchen Nationen unaufhaltsam von jedem Vierten über jeden
Dritten zu jedem Zweiten fortbewegt, ist Krebs tatsächlich auf dem Weg,
unsere neue Normalität zu werden - das ist unausweichlich. Dann ist die Frage
nicht, ob wir dieser unsterblichen Krankheit zu Lebzeiten begegnen,
sondern wann.»
Lars Norén, der auch regelmässig als Theater-Regisseur tätig ist, hat «Schatten» im letzten Jahr selbst für das Schwedische Radio inszeniert.
Die SRF-Produktion durch Reto Ott ist eine doppelte Premiere: zum ersten Mal überhaupt im deutschsprachigen Raum wird ein Text von Lars Norén als Hörspiel vorgestellt.
srf
Mit:
Ullo von Peinen (Der Mann), Verena Buss (Die Mutter), André Benndorff (Er),
Lena Drieschner (Sie), Marie Bonnet (Die Krankenschwester), Helene Ott (Das
Mädchen), Nikolai Ott (Der Sohn)
Übersetzung: Hansjörg Betschart
Technik: Basil Kneubühler
Musik: Malte Preuss
Regie: Reto Ott
Produktion: SRF 2013
Dauer: 55'
Dieses Hörspiel kann nach der Ursendung für zwei Wochen nachgehört werden.
Radio-Link:
http://www.srf.ch/sendungen/hoerspiel/schatten-von-lars-noren