"WISSENSDRANG TRIFFT SAMMELWUT"
05.05.2019 Ausstellung im Museum der Kulturen, Basel, bis am 19. Januar 2020
Bild oben: Häuptlingsschädel - Die Verzierungen aus Muschelarmbändern, -scheibchen und Porzellanperlen belegen den hohen Rang des Verstorbenen. Der Schädel von den Salomonen ist ein begehrtes Ausstellungsobjekt in Europa. Gekauft wurde er 1911.
Sammel- und Ausstellungspolitik haben sich nicht erst durch breite öffentliche Diskussionen zu Kulturgutraub stark geändert. Was bedeutet dies für die museale Arbeit heute? Das Museum der Kulturen Basel (MKB) zeigt die Herausforderungen und Möglichkeiten in der Ausstellung "Wissensdrang trifft Sammelwut".
Netsuke aus Elfenbein waren beliebte Sammlerstücke und zeugten von grosser Handwerkskunst. Sie dienten in Japan der Befestigung von Geldbörsen oder Döschen am Gürtel der taschenlosen Kimonos.
Paradiesvogelbälge erzählen davon, dass sie nicht nur für die Kolonialmächte Neuguineas eine begehrte Ware waren, sondern auch bis heute einheimische Männer schmücken.
Eine Trophäe aus Indonesien zeugt von der damaligen Faszination der Europäer für kulturelle Praktiken wie Kopfjagd.
Das MKB zeigt auch in der Ausstellung "Wissensdrang trifft Sammelwut" die Vielfalt der Kulturen auf. Die Besucherinnen und Besucher sind einmal mehr eingeladen, sich andere Perspektiven zu vergegenwärtigen. Für die Faszination ganzer Nationen für Elfenbein zum Beispiel. Für die Zuni in den USA, die Nichtinitiierten die Handhabung von kokko-Masken untersagen wollen.
Bild: Obsidian-Speere - Als Kriegswaffen eher ungeeignet, wurden solche Speere zu Handelsware. Sie stammen von den Admiralitäts-Inseln in Papua-Neuguinea und aus der Sammlung Alfred Bühler, vor 1931.
Durch den grossen Wissensdrang, die ganze Welt abzudecken, kamen viele Objekte in die Sammlung. Zitate von einstigen Sammlern in der Ausstellung belegen den Eifer und die Euphorie, wenn wieder eine regionale Lücke gefüllt werden konnte. Da jedes Objekt potenzieller Beleg für die Entwicklung der Menschheitsgeschichte war, wurde zunächst alles gesammelt. Später rückten Qualitäten wie Echtheit, genaue Herkunft, Kontexte und wissenschaftliche Fragestellungen ins Zentrum.
Die Sammelwut zeigt sich in der Ausstellung gleich am Anfang auf einem Tisch, der übersät ist von Objekten, von Vasen über Hobel bis zu Fächern. Bereits im Blickfeld haben die Besucherinnen und Besucher da auch schon das "Waffenarsenal": 289 der insgesamt 7'622 Pfeile zählenden Sammlung werden präsentiert. Pfeile sollten sich bestens für ethnologische Vergleiche eignen, also den Wissensdrang stillen.
Provenienz klären
Auf die Waffen folgen Reliquien, sakrale Gegenstände und menschliche Überreste. Viele Jahre wurden Schädel und Knochen ausgestellt, obwohl Vorstellungen von Tod, Toten und Jenseits dies meist verbieten. Die Ausstellung stellt dies einerseits in Frage. Andererseits demonstriert sie an Beispielen aus Mexiko, Venezuela oder Fiji mit originalen Beschreibungen der Sammler, wie diese zu Grabbeigaben und Menschenknochen kamen. Hier treten ein anderes Wissenschafts- sowie Weltverständnis zu Tage.
Es gehört heute zu den Aufgaben jedes Museums, die Herkunft von Objekten zu klären. Belegt ist oft nicht viel, weder wer sie hergestellt hat, noch welche Zwischenstationen sie durchliefen oder auf welchem Weg sie ins Museum kamen. Fast immer dokumentiert ist, wer dem MKB was verkauft, geschenkt oder im Tausch abgegeben hat. Das zeigt die Ausstellung klar auf. Erst wenn die Provenienz feststeht, ist Restitution möglich. Ein Beispiel in der Ausstellung beschreibt die Restitution eines Maori-Kopfs nach Neuseeland. Dem Museum blieben drei Abgüsse.
Eigens für das MKB hergestellt wurden auch viele Ausstellungsfiguren. Sie bevölkern in der Ausstellung einen eigenen Raum. Früher dienten sie der Zurschaustellung fremder Ethnien. Sie imitierten die Anderen und fixierten so Stereotype. Die Besucherinnen und Besucher werden zum Nachdenken über Stereotype in ihrem Alltag angeregt. Die Ausstellung endet im Hier und Jetzt.
mdk
Kontakt:
https://www.mkb.ch/de/programm.html
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Bild:
Blick in die Ausstellung - Fotos: https://www.mkb.ch/de/informationen_services/mediendienste/2019/medienbilder-wts.html