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"VIELFALT - TEXTILES WISSEN VON MIAO-FRAUEN IN SÜDWEST-CHINA"

"VIELFALT - TEXTILES WISSEN VON MIAO-FRAUEN IN SÜDWEST-CHINA"

25.12.2021 Ausstellung im Völkerkundemuseum der Universität Zürich, bis am 15. Januar 2023


Bild oben:

Kinder-Kopfbedeckung für Festtage mit Drachenaufsatz

Stoffmütze aus schwarzem Baumwollsamt mit Stickereien und Applikationen aus farbiger Seide. Ein Aufsatz in Drachengestalt ziert den Scheitel der Mütze. In der Mythologie der Miao-Gesellschaften stehen Drachen am Anfang der Erschaffung der Welt, sie wurden von der "Schmetterlings-Mutter" geboren. Mit ihnen verbindet sich die Vorstellung von Fruchtbarkeit, Gedeihen und Schutz.

VMZ Inv.-Nr. 22130 - Fotografie: Kathrin Leuenberger 2021, © Völkerkundemuseum der Universität Zürich.

Das Völkerkundemuseum der Universität Zürich zeigt erstmals Textilien von Miao-Gesellschaften aus Südwest-China. Ausgehend von fast 400 Kleidungsstücken, Stoffen und Werkzeugen thematisiert die neue Ausstellung "VielFalt" die Vielschichtigkeit des textilen Wissens und Könnens von Miao-Frauen. Und sie macht deutlich, dass die atemberaubenden Farben, Muster und Materialien weit mehr sind als eine dekorative Augenweide.

Die Ausstellung "VielFalt" beginnt bewusst nicht mit augenfällig bunten Stickereien. Stattdessen betreten die Besucherinnen und Besucher eine Box, die vollständig mit indigogefärbten Stoffen ausgekleidet ist: dem Grundmaterial der Kleidung von Miao-Gesellschaften in Südwest-China. Gestaltet hat diesen Eingangsraum Karola Kauffmann, Berufshandweberin, Textilkünstlerin und ehemalige Besitzerin der ausgestellten Sammlung. "Die unterschiedliche Oberflächenbeschaffenheit und die subtilen Nuancen der Blau-, Violett- und Kupfertöne sollen die Wahrnehmung schärfen, so dass bei den darauffolgenden Exponaten ein Blick hinter die berückenden Oberflächen möglich wird", so Kauffmann.

Bild:

Zwei Stickereien, vermutlich zur Verwendung als Ärmelbesätze

Zwei zeitgenössische Stickereien aus Baumwolle, bestickt mit farbiger Seide in der Flachstich-Technik. Dargestellt sind Szenen aus dem Textilhandwerk der Miao-Frauen. Die rotgrundige Stickerei zeigt die Gewinnung von Seide und das Färben und Schlagen von Stoff; auf der blaugrundigen Stickerei sind Frauen beim Nähen und Sticken abgebildet.

VMZ Inv.-Nrn. 33306/33307 - Fotografie: Kathrin Leuenberger 2021, © Völkerkundemuseum der Universität Zürich.

Ouvertüre: Die breite Palette der Miao-Textilkultur

Wie vielfältig die Bekleidungskultur der Miao-Gesellschaften und das damit verbundene Textilhandwerk sind, wird im ersten Ausstellungsraum deutlich. Die Besucherinnen und Besucher lernen verschiedenste Stick-, Falt- und Applikationstechniken kennen und können einige selber ausprobieren. Über die Dauer der Ausstellung entsteht so ein gemeinschaftlich angefertigtes neues Werk.

Verschiedene Exponate veranschaulichen die Wandlungsprozesse, die das Handwerk durchläuft: Zur Aufbewahrung der Näh- und Stickutensilien dienten früher etwa Handarbeitsmappen mit elaboriert gefalteten und farbig bemalten Fächern. Heute sind auch Sticksets erhältlich, die genau abgemessene Faden- und Stoffmengen sowie Schritt-für-Schritt-Anleitungen enthalten. Dieses Nebeneinander ist bezeichnend für die zeitgenössische Miao-Textilkultur und wird in der Ausstellung in einer für die Provinz Guizhou typischen Marktszene erlebbar. Das hier präsentierte Angebot umfasst die ganze Bandbreite: von der spezialisierten Sticknadel bis zum fertigen Kleidungsstück, von der maschinell bestickten Kunstseide bis zur handgenähten Seidenapplikation auf Baumwollstoff.

Aussensicht: Der Kleidungsstil als einendes Merkmal?

Der Durchgang zwischen dem ersten und dem zweiten Ausstellungsraum widmet sich aus textiler Perspektive der Aussenwahrnehmung der Miao-Gesellschaften über die Zeit. Erst seit 1949 wird der Begriff Miao für verschiedene ethnische Minderheiten verwendet, die heute insbesondere in der Provinz Guizhou leben. Neben sprachlichen Gemeinsamkeiten eint diese Gesellschaften ihre aufwändig hergestellte Kleidung. Seit Jahrhunderten zieht die textile Vielfalt der Region die Blicke von Reisenden, Literaten und kaiserlichen Beamten auf sich. Dazu präsentiert die Ausstellung drei Beispiele aus verschiedenen Epochen: alte illustrierte Werke für den Kaiser, sozialistische Neujahrsbilder der 1950er-Jahre und zeitgenössische Touristenfotografien von kulturellen Anlässen.

Bild:

Faltenröcke

Drei Faltenröcke aus indigogefärbter Baumwolle in Leinwandbindung, verziert mit Stickereien und Applikationen. Der Faltenrock ist der "rote Faden" in der Kleidung der Miao-Frauen. Er erscheint in unzähligen Variationen, bleibt in seiner Grundform aber stets erkennbar.

VMZ Inv.-Nrn. 33695/33707/33709 - Fotografie: Kathrin Leuenberger 2021, © Völkerkundemuseum der Universität Zürich.

Selbstdarstellung: Die Kür mit Nadel und Faden

Im zweiten Teil der Ausstellung werden die textilen Fertigkeiten der Miao-Frauen Schicht für Schicht durchdrungen. In einer Auswahl von Kinderkleidern lassen sich, einem Repertoire gleich, sämtliche Web-, Stick-, Applikations- und Färbe-Techniken nachvollziehen – jedes Material ist gezielt gewählt, jedes Motiv bewusst platziert. Dieser Kindergarderobe stehen 16 Varianten des typischen in unzählige Falten gelegten, indigogefärbten Rocks gegenüber – in jeweils unterschiedlichen Stadien der Verarbeitung. Der Faltenrock bildet das verbindende Kleidungsstück aller Miao-Frauen und braucht – je nach Dichte der Falten – beträchtliche Mengen an Material.

Zwischen diesen zwei zentralen Bestandteilen der Miao-Bekleidungskultur lädt ein Rundgang dazu ein, sich mit Herstellungsprozessen, Färbetechniken, Stil- und Gestaltungsmitteln zu befassen und in das enorme materialtechnische Wissen und handwerkliche Können einzutauchen, das hinter den berückenden Farb- und Musterexplosionen steht. "Jedes Stück ist ein Unikat, mit dem die Trägerin etwas vermittelt", erklärt die Sinologin und Ausstellungskuratorin Martina Wernsdörfer. "Wohlstand, soziale Stellung und regionale Zugehörigkeit werden durch die Kreationen ebenso ausgedrückt wie individueller Geschmack und Einfallsreichtum." Dabei nimmt die Ausstellung auch technische und soziale Wandlungsprozesse der Gegenwart mit in den Blick und regt dazu an, über deren komplexe Vielfalt nachzudenken.

cp

Kontakt:

https://www.musethno.uzh.ch/de/ausstellungen.html

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Bild:

Frauen-Jacke

Indigogefärbte Baumwolljacke. Das Rückenteil ist mit Seidenfilz-Applikationen verziert, die, ihrerseits mit farbiger Seide bestickt sind. Solche Jacken zeichnen eine Miao-Gruppe aus, die im Dorf Baibei im Südosten der Provinz Guizhou beheimatet ist. Der Stil wird als "Hundert-Vogel-Stil" bezeichnet.

VMZ Inv.-Nr. 33523 - Fotografie: Kathrin Leuenberger 2021, © Völkerkundemuseum der Universität Zürich.

 

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