"TALKING BODIES - KÖRPERBILDER IM PLAKAT"
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07.11.2023 Ausstellung im Museum für Gestaltung Zürich, Ausstellungsstrasse, bis am 25. Februar 2024
Bild oben: Walter Herdeg, Foto: Albert Steiner, St.Moritz, 1933 © Marcel Herdeg
Bild: anonym, Canada Dry / durststillend, 1954
Bilder von Körpern überfluten heute den öffentlichen und virtuellen Raum. Im Plakat dominieren stereotype Idealkörper und sie behaupten sich als Ausdruck eines erfolgreichen Lebens. Im Kontext aktueller Debatten um gender und race, um Körperoptimierung und mediale Selbstinszenierung befragt die Ausstellung "Talking Bodies" im Museum für Gestaltung Zürich Körperbilder unserer visuellen Kultur.
Bild: Ikko Tanaka, Foto: Irving Penn, Issey Miyake 1999, 1999 © DNP Art Communications Co., Ltd.
Der menschliche Körper ist ein beliebtes Werbe-Sujet. Für den schnellen Konsum produziert, orientieren sich Körperbilder an einer vermeintlichen Norm. Kranke, beeinträchtigte, alte, non-binäre, queere oder Schwarze Körper erhalten kaum Sichtbarkeit. Körperdarstellungen funktionieren so immer auch als kulturelle Zeichen und zementieren Machtverhältnisse. Das Plakat als Projektionsfläche alltäglicher Sehnsüchte erweist sich dabei besonders resistent gegenüber gesellschaftlichem Wandel. Umgekehrt können subversive Werbebilder und künstlerische Gegenentwürfe den Blick konstruktiv erweitern.
Normierte Körper, normierte Rollen
Die prägendste Normierung von Körpern erfolgt durch das streng binäre Geschlechtermodell von Mann und Frau. Wissenschaftlich längst widerlegt, wird es durch Bilder und Erzählungen im gesell- schaftlichen und privaten Alltag unendlich fortgeschrieben. Gleichzeitig werden darüber Rollenzu- schreibungen vorgenommen und sozial konstruierte Eigenschaften von Mann und Frau naturalisiert. In Massenmedien und Populärkultur wird dies besonders deutlich.
Sexualisierte Frauenkörper versus starke Männerbilder
In der Werbung zeigt sich der spezifisch männliche Blick in der Sexualisierung des Frauenkörpers, der als Kaufanreiz für Produkte dient. Vorlagen für die Darstellung des weiblichen Körpers als Objekt der Begierde finden sich ebenso in der Kunstgeschichte wie in Objekten der Alltagskultur. Das Verweigern oder Überzeichnen des passiven, halb nackt posierenden, "natürlichen" Frauenbildes können mögliche Gegenstrategien sein.
Der männliche Körper symbolisiert physische Stärke und geistige Überlegenheit. So zeigt er sich nicht zuletzt in politischen Plakaten. Erst um 1980 entdeckte die Kosmetikwerbung den Mann als sinnliches Sujet: Damit hat auch ihn der Druck ständiger ästhetischer Selbstoptimierung erfasst.
Bild: Ruf Lanz Werbeagentur AG, Und plötzlich machen die Jungs gerne Hausarbeit. Big, 2016 © Ruf Lanz Werbeagentur AG
Black Bodies Matter
Die Körper Schwarzer Menschen stehen aufgrund ihres äusseren Erscheinungsbildes stets am stärksten im Fokus der Fremdwahrnehmung. Bis weit ins 20. Jahrhundert hinein waren sie daher bevorzugte WerbeträgerInnen und wurden in rassistischer Weise zum Objekt degradiert. Erst in jüngster Zeit wendet sich die internationale Aufmerksamkeit verstärkt den Selbstdarstellungen Schwarzer KünstlerInnen zu, die mit weissen, hegemonialen Fiktionen brechen.
Visuelle Tabuisierung von Lebensrealitäten
Massenmediale Bilder wollen Körper eindeutig lesbar machen. In der Konsumwerbung funktionieren Idealkörper als Wunschbilder und versprechen Glück und Erfolg. Die visuelle Tabuisierung diverser anderer Lebensrealitäten trägt zu ihrer Stigmatisierung bei. Von den Benetton-Kampagnen bis zur zeitgenössischen Adidas- oder Zalando-Werbung wiederholen sich jedoch Ansätze, Vielfalt abzubilden. Reine Marketingstrategie oder Vorboten des Wandels?
Bild: Frida Orupabo, Omega, 2021 © Frida Orupabo, Foto: Carl Hendrik Tillberg, Courtesy: Frida Orupabo und Nordenhake Berlin / Stockholm / Mexiko City
In der Ausstellung "Talking Bodies" treten internationale Plakate in einen Dialog mit Werbespots, Objekten der Alltagskultur, historischen Bildern und zeitgenössischen Kunstpositionen. Kontinuitäten und Brüche in der Darstellung des menschlichen Körpers werden so besonders offensichtlich, Gegenentwürfe zu normierten, perfekten Körpern laden zum Nachdenken ein.
Die Ausstellung versteht sich als Versuchsanordnung und Momentaufnahme aktueller Debatten und lädt ihre BesucherInnen dazu ein, sich mit der Macht von Bildern auseinanderzusetzen.
Ein breites Vermittlungsangebot zur Ausstellung ebenso wie interaktive Zugänge richten sich insbesondere an ein junges Publikum.
mfg
Kontakt:
https://museum-gestaltung.ch/de/ausstellung/talking-bodies/
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Bilder: Ausstellung "Talking Bodies – Körperbilder im Plakat" im Museum für Gestaltung Zürich, 3. November 2023 – 25. Februar 2024 - Fotos: Pierre Kellenberger, © ZHdK