"MARCEL DUPERTUIS - IL FILO DI ARIANNA"
27.06.2022 Ausstellung im Museo Vincenzo Vela, Ligornetto, bis am 12. Februar 2023
Bild oben: Marcel Dupertuis (* 1941), Figura continuum 5, Lugano, 1994, Bronze, patiniert, 210 × 70 × 26 cm [6/6], Massagno, Privatsammlung - © Marcel Dupertuis / MVV
Bild: Marcel Dupertuis (*1941), Sans titre, Milano, 1986; Bronze, patiniert, 106 × 58 × 58 cm [1/1], Bellinzona, Museo Villa dei Cedri - © Marcel Dupertuis / MVV
Die monografische Ausstellung über den Künstler Marcel Dupertuis (*1941) bereichert den Ausstellungszyklus des Museo Vincenzo Vela, welcher in regelmässigen Abständen bedeutenden zeitgenössischen, im Kanton Tessin tätigen KünstlerInnen gewidmet ist. Besondere Aufmerksamkeit kommt hier der Bildhauerei zu, die in öffentlichen Institutionen eher selten gezeigt wird.
Zum ersten Mal ermöglicht diese von der Museumsleiterin Gianna A. Mina in Zusammenarbeit mit dem Kunsthistoriker Matthias Frehner kuratierte Ausstellung, zu der es einen reich bebilderten Katalog gibt, den BesucherInnen einen Gesamtüberblick über das Werk Dupertuis'.
Dank seiner überaus reichen und durchaus komplexen Bildung bewegt Dupertuis' Schaffen sich nicht innerhalb einer geistig und formell begrenzten, durch die Erwartungshaltungen der Kritik oder des Marktes beeinflussten Art und Weise. Seit Beginn seiner künstlerischen Tätigkeit begibt er sich mit Feingefühl und kohärenter Vorgehensweise auf eine allumfassende Suche. Diese umfasst Skulptur, Malerei, Zeichnungen und Grafik, Fotografie und Literatur: Disziplinen, die er mit unterschiedlichen Techniken und Stilmitteln entwickelt. Ein stetiges Experimentieren, das dennoch durch einen zarten, rationalen roten Faden miteinander verbunden bleibt. Ein Gesamtkunstwerk, dem das Museo Vincenzo Vela viel Platz einräumt. Der Schwerpunkt liegt auf der Skulptur, es wird aber mittels gezielter Bezugnahme auch seine Malerei, Grafik und Fotografie beleuchtet. Unter den über 200 ausgestellten Arbeiten sind auch bisher unveröffentlichte Gemälde und Keramiken zu sehen, welche Aspekte seines künstlerischen Schaffens zeigen, die bisher dem Publikum nicht zugänglich waren. Diese sind aber von besonderem Interesse für ein besseres Verständnis der Entwicklung seines Werdegangs.
Die in der Ausstellung gezeigten Werke sind nur augenscheinlich heterogen. In Wirklichkeit stellen sie ein Mosaik dar, in dem die komplexe Poesie des Künstlers offensichtlich wird: Es entsteht eine Spannung, in der die formale Suche nie von der Reflexion über die tiefen Inhalte der Kunst und von den Fragestellungen zu trennen ist, mit denen sich ein zeitgenössischer Künstler auseinandersetzen muss.
Der Titel der Ausstellung – "Der Faden der Ariadne" – ist eine Anspielung auf eine einheitliche und kontinuierliche, im Raum definierte Bewegung der Skulpturen Dupertuis'. Gleichzeitig aber auch auf den zarten Ariadnefaden, der von Raum zu Raum, stets "in continuum", die BesucherInnen begleitet. Dabei entsteht ein durch thematische Akzente unterteilter Spaziergang, der ein 60-jähriges Schaffen in sich vereint.
Die Ausstellung verläuft von den Sälen im ersten Stock über einige Räume im Erdgeschoss der Villa Vela bis hin zum angrenzenden Park. Sie zeichnet einen künstlerischen Werdegang nach, der bei seiner auf die 1950er-Jahre zurückreichenden Tätigkeit beginnt und bis zu den neuesten Werken reicht.
Bild: Marcel Dupertuis (*1941), R.E.H. 3 (Requiem pour l’espèce humaine), Bieuzy-les-Eaux, 2017, Steinzeug, emailliert, 90 × 46 × 39 cm, Ligornetto, Museo Vincenzo Vela - DMD42 - © Marcel Dupertuis / MVV
Die Ausstellung zeigt auch eine Reihe erst kürzlich entstandener Fotografien, sowohl in Schwarz-Weiss als auch in Farbe, die von starken Hell-Dunkel-Kontrasten geprägt sind. Ebenso wie die Skulpturen und Gemälde zeugen diese Bilder von zeitlicher und psychischer Tiefe. Sie untersuchen Bewegungen, Passagen und leere, aber energiereiche Räume, in denen das Selbstbildnis zu Objekt und Form reift.
Tiziana Conte
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Bild: Marcel Dupertuis (*1941), Clairière 2. A Walter Benjamin, Lugano, 2009, Acryl auf Leinwand auf Holztafel aufgeklebt, 32,5 × 46 cm, Massagno, Privatsammlung - © Marcel Dupertuis / MVV