Gute Ausstellung zum schlechten Geschmack
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20.01.2011 Gute Form, böse Form: Das Gewerbemuseum in Winterthur stellt mit der Ausstellung "Böse Dinge. Positionen des (Un)Geschmacks" die alte Frage nach der Qualität unserer Dingkultur neu: Wie und vor welchem Hintergrund entstehen ästhetische Urteile? Wie wurden sie einst begründet, und welche Werte stehen heute zur Diskussion? (Bis 31. Juli 2011).
Bild oben: Aschenbecher © Copyright Museum der Dinge, Foto: Armin Herrmann
Bild unten: Ausgestopftes Meerschweinchen auf Rollbrett. Entwurf: Andi Domke, CH 2009. Foto: Armin Herrmann
Zu Zeiten der alten Gewerbemuseen war Geschmacksbildung hoch im Kurs: «Wollen wir erkennen, worin der gute Geschmack besteht, müssen wir zuerst den schlechten Geschmack beseitigen.»
Mit diesem Ziel eröffnete Gustav E. Pazaurek 1909 seine «Abteilung der Geschmacksverirrungen» im Stuttgarter Landesgewerbemuseum. Was schlecht war, wurde mit strafrechtlichen Kategorien benannt und mit missionarischem Eifer bekämpft.
Adolf Loos geisselte das Ornament als Verbrechen; Werkbund und Bauhaus handelten aus diesem Geist. Heute, im Zeitalter des Stilpluralismus, ist das komplizierter. Bad Taste und Kitsch sind Kult, Provokation ist Kalkül.
Die «Bösartigkeit», sprich
Schlechtigkeit der Dinge, lässt sich nicht mehr so eindeutig sichten und
benennen, da sie sich nicht mehr im Gegenstand - seiner Konstruktion, seinem
Material oder Dekor - allein entlarvt.
Üppig oder schlicht? Vorwärts oder rückwärts? Modern oder modisch? Ironisch oder moralisch? Industrielle Massenware, handwerkliches Einzelstück oder Do-it yourself?
Im Nebeneinander und Gegeneinander zeigt die Ausstellung Positionen
auf, die im Verlauf des 20. Jahrhunderts gelebt, verteidigt und verdammt
wurden. Sie setzt sich - kritisch und ironisch zugleich - mit
Bewertungskategorien und ihrem Wandel auseinander und thematisiert neue
Strategien gegen die Opulenz des Allzuvielen.
Eine Zusammenarbeit des Gewerbemuseum Winterthur mit Werkbundarchiv - Museum
der Dinge, Berlin.
Die BesucherInnen sind eingeladen, mit eigenen «Bösen Dingen» zur Ausstellung beizutragen. Sie entscheiden, was mit diesen geschehen soll: Verbessern, verschlimmern, neutralisieren? Zur Adoption frei geben - oder gar zerstören?
gwm
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Kontakt:
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Radio DRS 2, "DRS 2 aktuell", 19.1.2011, 12.03 Uhr
Das Gewerbemuseum in Winterthur begibt sich auf das vage Terrain des Geschmacks. Über Geschmack lässt sich bekanntlich nicht streiten - das Museum tut es trotzdem und nennt seine gross angelegte Schau provozierend «Böse Dinge. Positionen des (Un)Geschmacks».
Frage an Karin Salm: Was meinen die Ausstellungsmacher mit «Bösen Dingen»?
Link: