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"GESEGNETE SPEISEN - VOM ESSEN UND TRINKEN IM MITTELALTER"

"GESEGNETE SPEISEN - VOM ESSEN UND TRINKEN IM MITTELALTER"

22.04.2024 Sommerausstellung in der Stiftsbibliothek St.Gallen, Barocksaal, vom 23. April bis am 10. November 2024 - Ausstellungseröffnung am Dienstag, 23. April 2024, 18.15 Uhr, Pfalzkeller St.Gallen


Bild oben:

Stiftsbibliothek St.Gallen, Cod. Sang. 368, S. 93.

So sah ein feierliches Essen im Mittelalter aus


Mittelalterliche Bilder des Abendmahls zeigen die Tischsitten der Zeit, hier beispielsweise des späten 15. Jahrhunderts. Aus der Schüssel in der Mitte bedienen sich alle Gäste, oft wurde auf Teller verzichtet, Trinkbecher und Messer wurden geteilt. Gabeln gab es damals noch nicht. Das Bild stammt aus einem Buch mit Evangelienlesungen aus Konstanz aus der Zeit um 1480/1485.

https://www.e-codices.unifr.ch/de/csg/0368/93


Die älteste Quelle zum Essen und Trinken in der Schweiz - Farbiger Einblick in die Esskultur des Mittelalters

Essen und Trinken sind lebenswichtig – seit jeher. Mit den Tischsegnungen des gelehrten Mönchs Ekkehart IV. († nach 1057) ist in der Stiftsbibliothek St.Gallen die älteste und zugleich eine der farbigsten Quellen für die Esskultur der Schweiz erhalten geblieben. Sie steht ab dem 23. April im Mittelpunkt der neuen Sommerausstellung der Stiftsbibliothek. «Kaum je kommt man einem Menschen des Mittelalters so nahe wie bei dieser Handschrift des St.Galler Mönchs Ekkehart mit seinen Tischsegnungen. Sie ist von ihm eigenhändig geschrieben und immer wieder korrigiert und überarbeitet worden», sagt Cornel Dora, Stiftsbibliothekar über die älteste Schweizer Quelle zum Essen und Trinken. Für den Ausstellungskatalog hat die Stiftsbibliothek die 280 Verse neu herausgegeben und mit einer Übersetzung versehen.

Stiftsbibliothek St.Gallen, Cod. Sang. 393, S. 185.   Die Handschrift Ekkeharts IV.

Abbildung:

Stiftsbibliothek St.Gallen, Cod. Sang. 393, S. 185.

Die Handschrift Ekkeharts IV.


Ekkeharts Autograph der Benedictiones ad mensas von 1030/1060 zeigt die vielen eigenhändigen Korrekturen und Überarbeitungen des Texts durch den Autor. In der Mitte der Seite ist das Pergament von den vielen Korrekturen richtig durchgeschabt.


https://www.e-codices.unifr.ch/de/csg/0393/185

Andere Zeiten und Sitten

Ekkehart lebte in einer anderen Welt als wir heute – gerade in der Ernährung. Das betont der Ernährungshistoriker Dominik Flammer, Co-Kurator der Ausstellung: «Kartoffeln, Mais und auch Tomaten, die wir heute schätzen, waren unbekannt, Kartoffeln und Tomaten stammen aus Südamerika und Mais aus Mexiko. Erst ab dem 16. Jahrhundert kamen sie auch in Europa auf den Tisch.» Gemüsesorten wie Fenchel und Sellerie wurden nur als würzendes Kraut verwendet. Auch die Tischsitten waren anders: «Im Mittelalter wurde feste Nahrung mit der Hand gegessen, Trinkbecher und Messer wurden geteilt, Geschirr war selten», sagt Dora. Das zeigen Bilder in Handschriften, etwa des letzten Abendmahls.

Ein Feuerwerk an Speisen

Ekkeharts Tischsegnungen sind ein Feuerwerk an verschiedensten Speisen, vom Brot über Fische, Fleisch, Gemüse und Früchte bis hin zu verschiedensten Getränken, alles sehr vielfältig und mit realen Bezügen. Und die Reime innerhalb der Verse bringen einen leichten Humor, etwa wenn es heisst: «Die gesegnete Forelle, sei gegessen auf der Stelle,» oder «Die Birn’, den Äpfeln beigegeben, soll nicht meinen Bauch erregen.»

Querschnitt durch die Ernährungsgewohnheiten

Doch es gibt auch Gemeinsamkeiten zwischen der mittelalterlichen und der modernen Tafel. Auch im Mittelalter kamen Getränke verschiedenster Art (Wasser, Wein, Bier, Obst- und Fruchtsäfte), Getreide (Brot, Mus), Fleisch und Fisch, Gemüse, Käse und Spezialitäten wie Pilze sowie Gewürze aller Art auf den Tisch. Das mittelalterliche Leben war spirituell bestimmt, was sich in weit gehenden Fastenbestimmungen äusserte. Pro Jahr gab es rund 140 Fasttage, an denen oft nicht nur auf Fleisch, sondern auch auf Eier und Milch verzichtet wurde. «Auch hierzu hat Ekkehart Verse zum Schmunzeln verfasst», sagt Dora. «So wurde
der Biber als Fisch betrachtet und war deshalb als Fastenspeise erlaubt.»

Katalog mit Einbettung in den grösseren Kontext

Zur Ausstellung erscheint ein reich bebilderter Katalog. Er enthält neben Texten zu den Ausstellungsobjekten eine Einleitung und einige Kurztexte des bekannten Schweizer Ernährungshistorikers Dominik Flammer, der die St.Galler Quellen in den grösseren Kontext der Ernährungsgeschichte einbettet. Die Zürcher Grafikerin Cornelia Gann hat zudem aus historischen Bildern zum Thema Ernährung Grafiken geschaffen, die den Katalog und die Ausstellung bereichern. Der Katalog enthält schliesslich auch eine Ausgabe von Ekkeharts Benedictiones ad mensas mit deutscher Übersetzung.

Stiftsbibliothek St.Gallen, Ink. 843, Bl. cv.

Bild:

Stiftsbibliothek St.Gallen, Ink. 843, Bl. cv.

Ein Mann in seiner Stube mit einem Kochtopf und Würsten


Das Bild zeigt sehr schön, wie die meisten Menschen im Spätmittelalter gekocht haben. In der Mitte der Stube hing an einer Kette ein metallener Kochtopf, in dem Brei gekocht und immer wieder ergänzt wurde. Über einer Stange hängen drei Würste. Das Bild stammt aus einem deutschen Kalender, gedruckt von Hans Shobser in Augsburg am 20. Juni 1488.


Der Spruch dazu lautet: 
Hornung bin ichs genannt erkenn mich. / Gast du nackendt es gereüdt dich / In disem monat ist guot lassen / Isse und trinck zuo massen. 
«Februar bin ich genannt, erkenn mich! / Läufst du nackt herum, reut’s dich. / Dieser Monat ist günstig für den Aderlass. / Iss und trink mit Mass!»

EINIGE TROUVAILLEN

St.Galler Brautradition

Zu den Getränken, die in St.Gallen eine besondere Tradition haben, gehört das Bier. Berühmt sind die drei Brauereien, die auf dem St.Galler Klosterplan der Stiftsbibliothek eingezeichnet sind, ebenso eine Darre für die Vorbereitung des Biergetreides. Berichte Ekkeharts in der Klosterchronik Casus sancti Galli belegen, dass im Galluskloster wohl seit der Mitte des 9. Jahrhunderts eine leistungsfähige Brau-Infrastruktur vorhanden war. Und schliesslich wird Bier in einer St.Galler Urkunde im Stiftsarchiv aus dem Jahr 754 erstmals nördlich der Alpen als Zehntenabgabe genannt.

Das Verbot vierfüssiger Tiere in Klöstern

Ein besonderes Augenmerk galt im Mittelalter dem Fasten. Die Kirche gab rund 140 Fasttage jährlich vor, an denen kein Fleisch, keine Eier und keine Milchprodukte gegessen werden sollten. Die Benediktsregel fügte dem hinzu, dass Mönche generell kein Fleisch vierfüssiger Tiere essen durften. Aus diesem Grund erfreute sich Geflügel in den Klöstern grosser Beliebtheit. Benedikts Verbot führte immer wieder zu Diskussionen. In St.Gallen kam es deswegen im Jahr 964 gar zu einer von Kaiser Otto dem Grossen angeordneten Untersuchung, die empfahl, den Fleischkonsum einzuschränken.

St.Galler Bratwurst

In einer Ausstellung über Essen darf in St.Gallen die Bratwurst nicht fehlen. Bis Ende Juni ist das älteste erhaltene Bratwurstzeugnis aus dem Stadtarchiv der Ortsbürgergemeinde St.Gallen zu sehen. Es handelt sich dabei um Qualitätsstandards, welche die Metzgerzunft und der Rat der Stadt 1438 festlegten. Dabei wird deutlich, dass es sich bei der St.Galler Bratwurst von Anfang an um ein hochwertiges Wursterzeugnis handelte.

Notker Balbulus als Käsekenner

Zu den frühen Zeugen für Käse gehört der St.Galler Mönch Notker Balbulus († 912). In einer Anekdote aus seinem Werk über die «Taten Karls des Grossen» berichtet er von einer Käsespezialität, die ein schmeichelnder Bischof dem König anbot. Karl verschmähte den Käse zunächst, weil die Rinde unappetitlich aussah. Als er ihn trotzdem kostete, schmeckte er ihm aber so gut, dass er sich künftig jährlich zwei Wagenladungen davon an den Hof nach Aachen erbat. Käsemarken wie Roquefort, Brie und Gorgonzola führen ihre Tradition auf diese Geschichte des St.Galler Mönchs zurück.

Morcheln im Kloster

Eine weitere Anekdote, die auf Notker Balbulus zurückgeht, berichtet Interessantes über Pilze. Notker hatte gehört, wie Reichenauer Mönche damit prahlten, einen besonders grossen Fisch gefangen zu haben. Er entgegnete, dass es auch in St.Gallen Wunder der Natur gebe, nämlich Morcheln im Winter. Tatsächlich hatte er Pilze dieser Art in der Nähe einer Heizung im Kloster entdeckt. Die Geschichte ist eines von wenigen Zeugnissen über Pilze im Mittelalter. Grundsätzlich wurden sie skeptisch betrachtet. Ekkehart schreibt, dass sie sieben Mal gekocht werden sollen, und bei Isidor von Sevilla wird der lateinische Begriff für Pilze: fungi mit defuncti («Verstorbene») in Verbindung gebracht.

cp

Kontakt:

https://www.stiftsbezirk.ch/de/ausstellungen

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Bild: Plakat / Ausstellungskatalog, https://shop.stiftsbezirk.ch/de/product/39442 

Bild: Plakat / Ausstellungskatalog "Gesegnete Speisen", https://shop.stiftsbezirk.ch/de/product/39442 

 

 

 

 

 

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