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DAS AESCHLIMANN-CORTI-STIPENDIUM 2023

DAS AESCHLIMANN-CORTI-STIPENDIUM 2023

06.05.2023 Ausstellung im Kunstmuseum Thun, bis am 28. Mai 2023


Bild: Franziska Baumgartner, Studien | 2021 - Diverse essbare Materialien, Leuchttisch 60 x 300 cm - Ausstellungsansicht: Kunsthaus Langenthal, Foto: CE

Alljährlich schreibt die Bernische Kunstgesellschaft das Louise Aeschlimann und Margareta Corti-Stipendium aus. Dem grössten privaten Stipendium für bildende KünstlerInnen in der Schweiz, das seit 1942 vergeben wird, steht eine Preissumme von insgesamt CHF 50'000.– zur Verfügung. Zu den GewinnerInnen des Förderpreises zählen Künstler wie Balthasar Burkhard, Franz Gertsch und  Bernhard Luginbühl sowie jüngere KünstlerInnen wie Peter Aerschmann, Julia Steiner, Livia Di Giovanna und Zimoun.

Am Aeschlimann-Corti-Stipendienwettbewerb, der mit einer Ausstellung verbunden ist, können Kunstschaffende, die seit mindestens einem Jahr im Kanton Bern Wohnsitz haben oder im Kanton Bern heimatberechtigt sind, teilnehmen. Die Altersgrenze ist auf vierzig Jahre festgelegt.

Die Wahl der GewinnerInnen für das Louise Aeschlimann und Margareta Corti-Stipendium 2023 erfolgte in einem zweistufigen Verfahren.

In die Bewertung der Eingaben der KünstlerInnen flossen die Beurteilung der eingereichten Einzelwerke sowie des Gesamtwerks gleichermassen mit ein.

Am 27. Februar 2023 fand der erste Durchgang der Jurierung statt. Aus den 58 digital eingereichten Dossiers wählte die Jury insgesamt 18 Positionen für die Ausstellung aus. Eine Aufnahme in die Ausstellung ist ausdrücklich als Auszeichnung zu werten.

In diesem Jahr sind erstaunlich viele Malereien und filmische Arbeiten eingegangen, deren Möglichkeiten und Grenzen unterschiedlich ausgelotet wurden. Das insgesamt sehr breite Spektrum und das hohe qualitative Niveau der eingereichten Dossiers hat die Jury erfreut. Nicht nur zeugen die künstlerischen Arbeiten von einem bewussten Umgang mit Materialien und verschiedenen Techniken, sie stellen ein facettenreiches und spannungsvolles Abbild des Kunstschaffens aus dem Kanton Bern dar.

Der zweite Jury-Durchgang fand am 21. April 2023 vor den Kunstwerken im Kunstmuseum Thun statt. An diesem diskussionsreichen Tag wurden die GewinnerInnen des Hauptstipendiums und der Förderstipendien in einem intensiv geführten Dialog bestimmt. In beiden Verfahrensstufen wurden die Entscheide im Konsens getroffen. Insgesamt stand eine Preissumme von CHF 50'000 zur Verfügung. Die Jury hat sich entschieden, ein Hauptstipendium in der Höhe von CHF 20'000 und drei Förderstipendien zu je CHF 10'000 zu vergeben.

Franziska Baumgartner (*1987), lebt und arbeitet in Basel; Heimatort: Rapperswil BE - Hauptstipendium (CHF 20'000)

Es ist eine rätselhaft und poetisch anmutende Arbeit mit hypnotischem Charakter, welche Franziska Baumgartner unter dem Titel "Morphe" entwickelt hat und womit sie die BetrachterInnen unmittelbar in den Bann zieht. Als immersive Rauminstallation spricht diese sogleich mehrere Sinne an: Zu sehen ist ein Videoloop auf einem Bildschirm, welcher von einer generativen Klangebene ummantelt wird, die wiederum mittels eines Distanzsensors auf die Bewegungen der herantretenden Körper reagiert. Im Video selbst erkennen wir sich ständig transformierende Formationen. Als schwarze Körper erinnern sie an Organismen oder Lebewesen wie Würmchen, Schlangen oder Dornengebilde, bis sie sich plötzlich gegen uns zu wenden scheinen und in Raketenform an potenzielle Gefahren denken lassen Vorstellungen von Natürlichkeit und Mechanik treffen aufeinander.

Das gezeigte Werk widerspiegelt das Interesse der Künstlerin am Magnetismus. Für die dargestellte Szene im Video verwendet Baumgartner eine Trägerflüssigkeit als Grundlage, welche auf ein magnetisches Feld reagiert. Anschliessend bringt die Künstlerin mit einem Magnet deren Metallpartikel eigenhändig in Bewegung und zeichnet diesen Prozess mit der Videokamera auf. Durch den ungewohnten Blick auf den Bildschirm der hier auf dem Boden aufliegt werden die BetrachterInnen weiter mit dem Gefühl des Herabblickens und damit mit Fragen der Perspektive konfrontiert.

Mit ihrer konzisen Arbeit unterläuft Franziska Baumgartner auf überraschende Art und Weise Erwartungshaltungen und aktuelle Sehgewohnheiten: Denn mag das Video auf den ersten Blick an eine Animation denken lassen, handelt es sich um eine analog hergestellte Sequenz. Die eigentliche Machart lässt damit auf eine auffallend experimentelle künstlerische Haltung rückschliessen. Baumgartners Arbeitsweise ist von einer beeindruckenden Präzision und Sinnlichkeit geprägt, die überzeugt. Die Jury würdigt das langjährige und professionelle Schaffen der Künstlerin mit dem Hauptpreis.

Felix Stöckle (*1994), lebt und arbeitet in Biel - Förderstipendium (CHF 10'000)

An einer pink bemalten Wand hängen 27 Pistolen. Mit dem Titel "Les Armes du Peuple" (die Waffen des Volkes) schafft Felix Stöckle bereits eine direkte Verbindung von Objekt und Mensch als dessen BesitzerIn. Es ist ein Spiel mit der Darstellung von gewaltinhärenten Gegenständen und deren beinahe niedlich anmutenden Umsetzung, welche die präsentierten Waffen schliesslich ungefährlich und harmlos erscheinen lässt.

Mit dem Einsatz von Keramik überführt der Künstler die Pistole in eine organische Form und wählt damit ein Material, dessen Zerbrechlichkeit im totalen Kontrast zum gewählten Sujet steht.

Die Kachel-Objekte wiederum wirken wie Fundschätze aus vergangener Zeit. Sie entstanden aus der Faszination des Künstlers an der früheren Tradierung von Geschichten, welche in Tempeln und Kirchen eben über Kacheln oder Mosaiken passierte. Daran anlehnend wählt Stöckle das traditionsbehaftete Handwerk, um seine eigenen Gefühle und Gedanken einzuritzen und verleiht ihm weiter eine zeitgenössische Formsprache. Die Endprodukte erscheinen spontan und schnell skizziert sie mögen in dieser Form gar an eine Social Media-Ästhetik erinnern doch der Herstellung eines solchen "analogen Posts" liegt ein langwieriger Prozess zugrunde.

Felix Stöckle greift ein heutzutage hauptsächlich industriell hergestelltes Produkt auf, welches er davon entkoppelt und mittels Handarbeit in einen eigenständigen künstlerischen Ausdruck überführt. Mit seinen mehrteiligen Werken regt der Künstler dazu an, über unser Verhältnis zu Waffen und Gewalt nachzudenken. Die vielschichtige und originelle Arbeit hat die Jury überzeugt. 

Spaceship 9470: Simon Fox (Simon Fuchser) (*1991), lebt und arbeitet in Bern und Zeno Germinale (*1994), lebt und arbeitet in Bern - Förderstipendium (CHF 10'000)

Das Projekt "Mission Under The Cherry Tree" ist verbunden mit einem hochstämmigen Kirschbaum, der aufgrund einer Überbauung gefällt werden soll. Lokalisiert im "Spaceship 9470" einem Bauwagen, der gleich daneben zu stehen kommt verfolgen die Kunstschaffenden Simon Fox und Zeno Germinale die Idee, dem Baum die letzte Ehre zu erweisen. Sie entwickeln und verfolgen fortan transdisziplinär angedachte Projekte mit unterschiedlichen PartizipantInnen. Die Aktivitäten drehen sich dabei stets um den Kirschbaum selbst, der somit als symbolischer Träger einer sich entwickelnden Gemeinschaft fungiert.

Die Aktionen sind in der Ausstellung als Kurzfilme präsent und werden mit käuflichen Produkten präsentiert, deren Verpackung an AstronautInnennahrung erinnern. Ergänzend dazu steht das skulpturale Werk "Cherry Jelly In Ash Marble": Aus Elementen des Kirschbaumes und in Kombination mit Agar Agar und Öl wird sich darauf im Verlauf der Ausstellung eine faszinierende Pilzstruktur bilden, welche wiederum als Metapher für die wachsenden Synergien der Community gelesen werden kann.

Die Arbeit von Simon Fox und Zeno Germinale zeugt von einer innovativen und prozessoffenen Haltung. Das umfassende Projekt beinhaltet etliche Facetten, die es zu entdecken gibt: der respektvolle Umgang mit Natur, die Verbundenheit von Kunst und Leben, die Frage nach AutorInnenschaft oder das Ausbrechen von museumsgerechtem, künstlerischem Schaffen. Im Zusammenspiel eröffnet ihre Kunstform damit auch Aufschluss über neue gesellschaftsrelevante Themenfelder. In der Herangehensweise erkennt die Jury grosses Potenzial. Mit dem Förderpreis möchte sie Zukünftiges befeuern.

Ernestyna Orlowska (*1987), lebt und arbeitet in Bern - Förderstipendium (CHF 10'000)

"My love has got no money, he’s got his strong beliefs, my love has got no power, he’s got his strong beliefs, my love has got no fame, he’s got his strong beliefs, my love has got no money, he’s got his strong beliefs" die körperliche Erschöpfung ist Ernestyna Orlowska anzusehen, während sie zum Refrain des angestimmten 1990er-Jahre-Popsongs "Freed from Desire" (Befreit vom Verlangen) mitsingt und gleichzeitig bare Spagetti in sich hineinschaufelt. Die beschriebene Szene bildet den Schluss einer Performance, in der sich die Künstlerin mit einem schwerbeladenen Essens-Lieferrucksack auf dem Rücken wortwörtlich aufreibt. "Make Your Body Your Machine" nennt sich die Arbeit und behandelt die Beziehung der Künstlerin zu ihrem Körper. Dabei steht der appellative Aufdruck des Rucksacks "just eat" im Kontrast zur Verausgabung und Grenzüberschreitung, mit der sich Orlowska durch die Performance bewegt. Weiter eröffnet sie damit Assoziationen zur Scheinheiligkeit von medialen Präsentationen und tatsächlicher, oft ausbeuterischer Arbeit hinter den beworbenen Produkten.

Ernestyna Orlowska lässt die BetrachterInnen nah an sich heran: Während wir ihren Atem hören, bewegt sie sich auf uns zu, wendet sich ab, um uns im nächsten Moment direkt in die Augen zu blicken uns als VoyeuristInnen zu entlarven. Ihre beeindruckende Darbietung beinhaltet ein gekonntes Spiel mit Raumverhältnissen, die bewusste Interaktion mit den Menschen im Raum selbst wie auch den durchdachten Einsatz von Requisiten und Kostüm. Die Jury honoriert das beständige, eigenständige Schaffen von Orlowska und würdigt es mit einem Förderpreis.

Kontakt:

https://kunstmuseumthun.ch/de/ausstellung/aeschlimann-corti-stipendium-2/

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