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"ANNELIES ŠTRBA: BUNT ENFALTET SICH MEIN ANDERSSEIN"

"ANNELIES ŠTRBA: BUNT ENFALTET SICH MEIN ANDERSSEIN"

23.02.2023 Ausstellung Fotostiftung Schweiz, Winterthur, vom 25. Februar bis am 13. August 2023


Bild: Annelies Štrba, "Ån 22", aus der Serie Filmstills aus Dawa-Video, 2001 © Annelies Štrba, https://www.ch-cultura.ch/de/archiv/museum-ausstellung-galerie/wahlfamilie-zusammen-weniger-allein

Annelies Štrba (*1947) gehört zu den international bekanntesten mit Fotografie arbeitenden GegenwartskünstlerInnen der Schweiz. In ihren Werken hält sie flüchtige Momente fest und schafft Traumbilder; Leben und Kunst fliessen ineinander. Die Ausstellung in der Fotostiftung Schweiz präsentiert erstmals grossformatige Fotoleinwände aus der Sammlung und eine für die Fotostiftung Schweiz eigens konzipierte Projektion.

Die Ausstellung "Annelies Štrba Bunt entfaltet sich mein Anderssein" setzt einen Schwerpunkt auf die frühen Werke von Annelies Štrba. Die schwarzweissen Fotoleinwände, Farbfotografien und die Projektion "Shades of Time" geben Aufnahmen aus den Jahren 1974 bis 1997 wieder. Eingerahmt werden diese Arbeiten von den später entstandenen expressionistischen Videostills, einer neu konzipierten Projektion mit Fotografien aus den Jahren bis 2015 und den Inszenierungen der in verzauberten Landschaften schlafenden Märchenprinzessinnen. Alle Bilder kreisen um das Thema der Familie. In ihrem Nebeneinander lässt sich nachvollziehen, wie sich die persönliche und künstlerische Entwicklung der Künstlerin über die Zeiten hinweg in ihrem Blick auf Kinder und Enkelkinder spiegelt.

Von der Dachkammer in die Kunsthalle Zürich

Annelies Štrba ist trotz der fotografischen Lehre, die sie mit 16 Jahren beginnt, künstlerische Autodidaktin, da sie nie eine Kunstschule besucht. 1969 heiratet sie Bernhard Schobinger, begleitet und unterstützt dessen Arbeit als Goldschmied und Künstler. In seiner an ihrem gemeinsamen Wohnort Richterswil eröffneten Galerie für zeitgenössische Kunst kommt Štrba in Kontakt mit der Szene. Vor allem aber kümmert sie sich um die drei Kinder Sonja, Samuel und Linda. Mit den Kleinen im Schlepptau verkauft sie auf dem Flohmarkt am Zürcher Bürkliplatz ausgesuchte Kleider und Schuhe für die Punk- und Wave-Szene, um den bescheidenen Haushalt zu sichern.

Nebenher dokumentiert sie, zunächst ohne Ambitionen, das Familienleben mit der Kamera und entwickelt nachts in der Dachkammer ihre Abzüge, die sie in Schachteln sammelt. In der Publikation von Bernhard Schobinger "Devon-Karbon-Perm" erregen Štrbas Fotografien 1987 zum ersten Mal Aufmerksamkeit. Die Inszenierung von Schobingers Schmuckstücken in roh und unvermittelt wirkenden Aufnahmen, Reproduktionen handgefertigter Abzüge mit Kratzern und Schlieren zeugen von einer selbstbewussten fotografischen Sprache, die jeder Glätte, Perfektion und Angepasstheit eine heftige Absage erteilt. Doch erst 1990, mit 43 Jahren, tritt Annelies Štrba als eigenständige Künstlerin auf. Bernhard Mendes Bürgi, damaliger Kurator der Kunsthalle Zürich, schlägt ihr eine Ausstellung vor.

Entgegen allen Erwartungen und Ratschlägen (der beteiligten Männer) entscheidet sich Annelies Štrba für eine Vergrösserung ihrer intimen Skizzen auf Fotoleinwände in Formaten bis zu 100 mal 150 Zentimeter. Von Anfang an betont sie den Unterschied zwischen den im Fotoalbum gehorteten Schnappschüssen einer Mutter und diesen Bildwerken, die nun der Öffentlichkeit preisgegeben werden. Die Formate und die raue, ungeschützte Oberfläche der Leinwände verleihen den Fotografien die Präsenz von Gemälden. Štrba abstrahiert und intensiviert dadurch die eigenartige Stimmung der alltäglichen Szenen. Denn auf dem Beisammensitzen in der Küche, dem Spiel und dem Schlaf der Kinder lastet eine Schwere, eine Ernsthaftigkeit, die die Aufnahmen zu Symbolbildern für das Menschsein werden lassen: für die Einsamkeit im Miteinander, das Unheimliche im Vertrauten, die Abgründe der Familie.

"Shades of Time": Veränderungen der Bildsprache

Das Älterwerden der Kinder und der Erfolg der Künstlerin vergrössern ihren Bewegungsradius: In den 1990er-Jahren erhält Annelies Štrba ein Atelierstipendium von der Landis+Gyr Stiftung. Sie bereist England, Schottland, Irland und Japan, hat Ausstellungen in Berlin, London, New York, Paris und Tokio. 1997 erscheint bei Lars Müller Publishers ihre umfangreiche Monografie "Shades of Time" (die längst vergriffen ist). In der Bilderfolge des Buches wird eine Veränderung der Bildsprache und des Lebensgefühls über die Jahre hinweg sichtbar. Landschaften, die am Autofenster vorbeiziehen, Häuserfassaden, Gärten, vor allem aber Sonja und Linda als junge Frauen, die das Spiel mit der Kamera auf Augenhöhe fortsetzen und offenbar geniessen. Die Geburt des ersten Enkelkindes Samuel-Maria bringt die madonnenhafte Darstellung mütterlicher Liebe und Fürsorge in Štrbas Bilderkosmos ein Motiv, das bisher fehlte, nicht zuletzt, weil die Mutter hinter der Kamera verborgen blieb.

Erste Videoarbeiten und Videostills

Ebenfalls 1997 produziert Štrba ihr erstes Video, weil für die Whitechapel Gallery in London ein filmisches Porträt der Künstlerin gefragt ist und sie die Anfertigung niemand anderem überlassen will. Begeistert von den Manipulationsmöglichkeiten dieser für sie neuen Technik legt sie den Fotoapparat zur Seite, konzentriert sich auf Videoarbeiten und als Einzelbilder produzierte Videostills. (Über)steuerung der Farben und Bildstörungen erzeugen eine spezielle Ästhetik, die zugleich malerisch und technisch wirkt. Auch die Motive befreien sich immer radikaler von der Häuslichkeit der vorangegangenen Jahre.

Landschaften, Stadtansichten und Blumen dienen als Elemente der Bildgestaltung ebenso wie die Silhouetten ihrer erwachsenen Töchter. Doch die Fotografie und die Kinder erobern die Bildwelt von Annelies Štrba zurück. Unzählige Aufnahmen von ihren EnkelInnen, allen voran Lindas Tochter Shereen, formieren sich zu einem neuen Werkzyklus, der 2015 in die Publikation "Noonday" mündet: Farbenfrohe Szenen, viele davon entstanden im Haus der Künstlerin in Amden einem Kinderparadies aus bunten Stoffen, Kissen, Decken und einem Fundus aus Prinzessinnenkleidern.

"Bunt entfaltet sich mein Anderssein"

Die Ausstellung in der Fotostiftung Schweiz, deren Titel ein Gedicht von Emmy Hennings zitiert, präsentiert zum ersten Mal die Fotoleinwände, die 2015 und 2021, unter anderem mit Unterstützung des Fördervereins der Fotostiftung Schweiz, angekauft werden konnten und durch grosszügige Schenkungen der Künstlerin ergänzt wurden. Die Motive finden sich wieder in der 2020 neu konzipierten digitalen Interpretation der Diaschau "Shades of Time".

Speziell für die Ausstellung in Winterthur komponierte Štrba auch aus dem Bilderreigen "Noonday" eine Projektion, für die ihr Sohn Samuel Schobinger die Tonspur produzierte. Die beiden Projektionen "Shades of Time" und "Noonday" laufen in der Ausstellung abwechselnd nacheinander und vereinen die Zeiten in einem nicht versiegenden Bilderfluss. Auch durch den Einbezug ausgewählter Videostills grossformatig hinter Glas kaschiert werden die Lebensthemen der Künstlerin und ihre unermüdliche Suche nach Bildformen für ihren Kosmos sichtbar.

Mit der Ausstellung "Annelies Štrba Bunt entfaltet sich mein Anderssein" setzt die Fotostiftung Schweiz ihr Engagement zur Würdigung weiblicher Positionen fort. Wie zuvor in den Präsentationen von Künstlerinnen wie Pia Zanetti und Manon bietet sie einen konzentrierten Rückblick auf ein Lebenswerk, das für die Geschichte der Fotografie in der Schweiz prägend war.

Die Ausstellung wurde kuratiert von Teresa Gruber, Kuratorin Fotostiftung Schweiz.

fsw

Kontakt:

https://www.fotostiftung.ch/http://www.fotostiftung.ch/

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