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Identifizierung / Privatsphäre / Menschenwürde

Identifizierung / Privatsphäre / Menschenwürde

01.10.2013 Zwei Stellungnahmen des Schweizer Presserates


Liebesbeziehungen eines Verwahrten

Schweizer Presserat; Stellungnahme 48/2013 (http://presserat.ch/_48_2013_htm)

Parteien: X. c. «SonntagsBlick»

Thema: Identifizierung / Privatsphäre

Beschwerde abgewiesen

Zusammenfassung

Darf eine Zeitung über die «neue Knast-Liebe» eines verwahrten Straftäters berichten? Für den Presserat ist dies im Prinzip zu verneinen, da private Angelegenheiten eines Strafgefangenen wie Liebesbeziehungen und Heiratspläne die Öffentlichkeit nichts angehen. Hat ein Strafgefangener aber früher selber aktiv dazu beigetragen, dass solche Themen in Bezug auf seine Person öffentlich diskutiert worden sind, muss er es sich gefallen lassen, wenn ein Medium seine angebliche neue Liebesbeziehung gegen seinen Willen thematisiert.

Der Schweizer Presserat weist eine Beschwerde eines Verwahrten gegen den «SonntagsBlick» ab. Dieser berichtete im Frühjahr 2013 über eine neue «Knast-Liebe» des Beschwerdeführers. Der Presserat verneint im konkreten Fall eine Verletzung der Privatsphäre des Betroffenen, da dessen Fall zu den bekanntesten der jüngeren Schweizer Kriminalgeschichte gehöre. Da er wegen seiner Delikte zu den öffentlichen Personen gehöre, dürften die Medien auch 15 Jahre nach seiner Verurteilung identifizierend über ihn berichten. Hier sei auch die Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Resozialisierung und das «Recht auf Vergessen» zu relativieren.

Demgegenüber geht Privates eines Strafgefangenen wie Liebesbeziehungen und Heiratspläne die Öffentlichkeit grundsätzlich nichts an. Denn selbst wenn Prominente die Öffentlichkeit weitgehend an ihrem Privatleben teilhaben lassen, darf man daraus gemäss Presserat kaum je ableiten, dass sie ganz auf den Schutz ihrer Privat- und Intimsphäre verzichten. Nachdem der Beschwerdeführer aber wiederholt selber aktiv dazu beitrug, dass diese Themen im Zusammenhang mit seiner Person öffentlich erörtert worden sind, muss er hinnehmen, dass der «SonntagsBlick» seine angebliche neue Liebe gegen seinen Willen zum Medienthema macht.

Täterbild war zulässig 

Schweizer Presserat; Stellungnahme 47/2013 (http://presserat.ch/_47_2013_htm)

Parteien: X. c. «20 Minuten»

Thema: Menschenwürde

Beschwerde abgewiesen

Zusammenfassung

Verletzt ein Bild, das einen Täter unmittelbar nach einem von ihm begangenen Anschlag zeigt, dessen Menschenwürde? Für den Presserat ist ein solches Bild zwar grenzwertig. Die konkrete Publikation wirkte aber nicht sensationalistisch und stellt den Täter nicht erniedrigend dar.

Bei einem Anschlag in London im Mai 2013 «köpften» zwei «Islamisten» auf offener Strasse einen Soldaten. «20 Minuten» veröffentlichte darauf auf der Titelseite ein Agenturbild, das einen der Täter mit blutigen Händen und einem Beil sowie einem Messer in der linken Hand abbildet. Der Presserat weist eine gegen die Veröffentlichung dieses Bilds gerichtete Beschwerde ab.

Das Bild zeige keine Opfer und das Verbrechen weise weder einen lokalen noch regionalen Bezug auf. Deshalb sei kaum davon auszugehen, dass die Interessen der Angehörigen von Opfer und Tätern durch die Veröffentlichung massgeblich beeinträchtigt würden.

Unter dem Gesichtspunkt der Menschenwürde des Täters erscheine es zwar fragwürdig, diesen unmittelbar nach seiner Tat mit der Tatwaffe gestikulierend zu zeigen. Das Bild wirke aber nicht sensationalistisch und erniedrige den Täter nicht. Zusammen mit dem Text dokumentiere es die beunruhigende Tatsache, dass eine solche Tat mitten auf der Strasse einer europäischen Hauptstadt geschehen könne.

Das Bild trage - so schwer es auch anzuschauen sei - mithin Wesentliches zur Information bei. Allenfalls wäre zu prüfen, ob die Zeitung das Gesicht des Täters hätte unkenntlich machen sollen. Da die Beschwerde die Identifizierung nicht beanstandet, geht der Presserat auf diesen Aspekt nicht näher ein.

ots

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Fax: 033 823 11 18

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Website: http://www.presserat.ch

 

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